Siemens:Überraschende Prognose

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Ein Mann, der immer für eine Überraschung gut ist: Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser. (Foto: Martin Leissl/Bloomberg)

Es kommt eigentlich so gut wie nie vor bei Deutschlands großen Konzernen: Bei Siemens ist das aber anders. Nach nur einem starken ersten Quartal korrigiert das Unternehmen seine Gewinnprognose nach oben.

Von Christoph Giesen, München

Eine Kurskorrektur nach nur einem einzigen Quartal, das kommt bei Deutschlands großen Konzernen eigentlich fast nie vor: Doch genau das teilte Siemens überraschend am Montagabend nach Börsenschluss mit. Je Aktie rechnet das Management im laufenden Geschäftsjahr nun mit einem Gewinn von 6,00 bis 6,40 Euro. Bislang hatte der Industriekonzern 5,90 bis 6,20 Euro angepeilt. "Wir haben ein starkes Quartal geliefert und sind mit der Umsetzung unserer Vision 2020 auf gutem Weg", begründete Konzernchef Joe Kaeser die Korrektur seiner Gewinnprognose. Läuft also plötzlich alles rund bei Siemens?

Wahr ist, dass Kaeser dem Unternehmen im vergangenen Herbst einen betont konservativen Ausblick verordnet hatte. Dabei lag bereits 2014, also im ersten Amtsjahr Kaesers, der Gewinn pro Aktie bei 6,37 Euro, just dort, wo Siemens nun nach der Korrektur wieder hin möchte. Positiv auf das erste Quartal wirkten sich laut Siemens Großaufträge aus Europa und Afrika aus, der Auftragseingang stieg dadurch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als ein Viertel auf 22,80 Milliarden Euro. Auch der Umsatz kletterte um acht Prozent auf 18,89 Milliarden Euro. Unter dem Strich konnte Siemens den Gewinn im ersten Quartal um 42 Prozent auf 1,56 Milliarden Euro steigern - im Vorjahr hatten Sonderfaktoren das Ergebnis noch belastet.

Ebenfalls am Montagabend gab der Konzern bekannt, für 970 Millionen Dollar die amerikanische Softwarefirma CD-adapco zu übernehmen. Das 1987 gegründete Unternehmen aus Melville im Bundesstaat New York erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von fast 200 Millionen Dollar. Die mehr als 850 Mitarbeiter des Unternehmens haben sich auf die Entwicklung von Computerprogrammen spezialisiert, mit denen man Strömungen simulieren kann. So können zum Beispiel Autohersteller am Bildschirm Windkanaltests durchführen lassen oder die Ingenieure von Ölkonzernen die Sturmbelastung ihrer Bohrinseln vorab prüfen. Vor allem viele klassische Produktionsunternehmen greifen inzwischen auf Industriesoftware zurück, um die Entwicklungskosten möglichst gering zu halten. In den vergangenen Jahren hat Siemens das Geschäft sukzessive ausgebaut und zahlreiche Spezialsoftwarefirmen gekauft. Das amerikanische Unternehmen ist nun die mit Abstand größte Übernahme. "Mit CD-adapco kaufen wir einen etablierten Technologieführer, mit dem wir unser Weltklasse-Industriesoftware-Portfolio ergänzen und unsere Strategie zum Ausbau unseres digitalen Unternehmensportfolios weiter umsetzen", sagte Klaus Helmrich, der die digitalen Geschäfte bei Siemens leitet.

Gut ist diese Übernahme sicherlich auch für Joe Kaeser persönlich, damit er wenigstens eine andere Prognose einhält: 2013 hatte der Siemens-Chef angekündigt, die Anzahl der Software-Ingenieure im Konzern von seinerzeit 17 000 innerhalb eines Jahrzehnts zu verdoppeln. Bis Ende 2015 waren es aber nur 500 neue Stellen. Nun kommen immerhin ein paar mehr hinzu.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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