Siemens:Konzern-Chef baut um

Siemens streicht wieder massiv Jobs - und bereitet seine Mitarbeiter schon mal auf weitere Umbauten vor. Dabei wird aussortiert, was nicht zum Konzept eines großen Digitalkonzerns passt. Zugleich werden neue Leute eingestellt.

Von Thomas Fromm

Siemens-Chef Joe Kaeser forciert den Umbau des Münchner Konzerns mit Stellenstreichungen und der Auslagerung von Arbeit an externe Dienstleister. So sollen in den kommenden Jahren 1700 Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen; weitere 1000 sollen unter anderem von Fremdfirmen übernommen werden. Schwerpunkt der geplanten Kürzungen ist die interne Unternehmens-IT, wo über 1350 Jobs betroffen sind, von denen 700 an externe Anbieter gehen. Insider gehen davon aus, dass zumindest ein Teil der Arbeit künftig von dem französischen IT-Dienstleister Atos erledigt werden könnte. Neben der Haus-IT sind allerdings auch Bereiche wie die Ausbildung und die Zugsparte des Konzerns betroffen. "Die Neugestaltung der Unternehmens-IT spielt zweifellos eine Schlüsselrolle für Siemens beim Wandel hin zum digitalen Industrieunternehmen", wurde Siemens-Vorstand Michael Sen in einer Mitteilung zitiert.

Auch in der Sparte "Digitale Fabrik", die künftig ein Schwerpunkt in der Siemens-Strategie sein soll, wird kräftig gekürzt. So werden Lager aus Nürnberg, Fürth, Erlangen und Amberg künftig in einem neuen Logistikzentrum in der Region Amberg gebündelt. 600 Jobs sollen wegfallen.

In München betont man, dass der Umbau ohne betriebsbedingte Kündigungen stattfinden soll; die Details werde man nun in den kommenden Wochen mit den Arbeitnehmervertretern besprechen.

450 Jobs in Fürth, 300 in der Zugsparte in Krefeld - wenn Siemens streicht, dann kommt etwas zusammen. Mal sind es veraltete Unternehmensbereiche, mal stimmt, wie in Krefeld, die Auftragslage nicht.

Erst im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen, das rund 113 000 Mitarbeiter in Deutschland beschäftigt, die Streichung von 1700 Stellen in der Sparte Automatisierungs- und Antriebstechnik angekündigt. Das zeigt: Der Umbau des Konzerns geschieht in kleinen Schritten. "Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen: Jetzt sind wir durch", sagte Personalchefin Janina Kugel im Intranet. "Aber der Wandel wird uns weiter begleiten, und zwar dauerhaft."

Erst vor ein paar Tagen saß Siemens-Technikvorstand Roland Busch in der Münchner Konzernzentrale und rief das Ende der Gießkanne aus. Die Forschungsmilliarden, die der Konzern jedes Jahr in seine Zukunft investiert, sollen künftig vor allem auf 14 Technologiebereiche wie Autonome Robotik, Cyber-Sicherheit und Künstliche Intelligenz konzentriert werden. Mehr Geld für einige ausgewählte Programme statt Klecker-Beträge für 50 Technologiefelder: Wer seine Forschungsgelder so neu sortiert, macht damit eine strategische Ansage. Man konzentriere sich "auf zentrale Innovationsfelder, auf denen Siemens nicht scheitern darf", so Busch.

Wie so oft kommt es nicht nur häppchenweise, sondern auch überraschend. Schließlich geht es dem Konzern unterm Strich hervorragend. Erst Anfang des Jahres hob Unternehmenschef Kaeser seine Prognose für dieses Jahr an; allein im abgelaufenen Quartal strich das Unternehmen in seinem Industriegeschäft einen Gewinn von etwa 2,5 Milliarden ein - das war ein Anstieg von 18 Prozent.

Dann dieses: Zuerst werden die Forschungsinvestitionen neu verteilt, dann kommt wenige Tage später ein Stellenabbau dazu. Im Konzern heißt es, beides habe nichts miteinander zu tun. Auf den ersten Blick vielleicht nicht. Und doch zeigen die strategischen Entscheidungen im Hause Siemens in diesen Tagen: Kaeser mistet aus, was nicht zum Konzept eines großen Digitalkonzerns passt. 9 000 Leute sollen übrigens in der nächsten Zeit eingestellt werden. Man hat wohl nicht zu viele Mitarbeiter. Man will in einigen Bereichen nur andere haben.

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