Schutzschirm für Jobs:"Leider eine Illusion"

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Nach dem Krisengipfel: Zwar schließen viele Dax-Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen aus, doch die Verbände dämpfen die Hoffnung auf eine Arbeitsplatz-Garantie.

Führende Vertreter der deutschen Wirtschaft haben vor zu hohen Erwartungen an Arbeitsplatzzusagen der Unternehmen gewarnt. "Ein genereller Schutzschirm für Arbeitsplätze ist gut gemeint, aber leider eine Illusion", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, der Süddeutschen Zeitung.

Kanzlerin Merkel verlangt von der Industrie eine Job-Garantie, doch die Verbände geben sich skeptisch. (Foto: Foto: ddp)

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hatten sich ebenfalls skeptisch über eine Jobgarantie geäußert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will im Januar mit den 30 Konzernen, die Mitglied im Deutschen Aktienindex (Dax) sind, über einen weitgehenden Kündigungsverzicht im Rezessionsjahr verhandeln. Eine Umfrage der SZ ergab, dass ohnehin zahlreiche Dax-Firmen Stellengarantien ausgesprochen oder betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen haben.

"Verantwortungsvoll umgehen"

DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben sagte weiter, keiner solle nun von anderen etwas fordern, was er selbst auch nicht leisten könne. Es helfe nicht, Arbeitsplätze zu erhalten, wenn dadurch das ganze Unternehmen gefährdet wird. "Wir sollten jetzt verantwortungsvoll mit den jeweiligen Möglichkeiten umgehen - das Kurzarbeitergeld ist hier ein Ansatzpunkt." Wer Arbeitsplätze garantieren könne, solle dies laut und deutlich sagen, um als Vorbild zu wirken. "Hier wird in vielen kleinen Unternehmen schon Gutes getan, das geschieht aber bislang oft im Verborgenen", so Wansleben. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte sich ebenso dafür ausgesprochen, den Einsatz von Kurzarbeit zu erleichtern.

Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), sagte der SZ: "Wenn Unternehmen Jobgarantien für ihre Beschäftigten abgeben, ist das ein überaus positives Signal. Das schafft Vertrauen. Je mehr Firmen diesen Beispielen folgen, desto besser." Für alle Unternehmen sei dieser Weg jedoch nicht gangbar. "Einzelne Unternehmen werden aufgrund drastisch verschlechterter Auftragslage gezwungen sein, Beschäftigung abzubauen." Da helfe auch "moralisch-politischer Druck" nicht weiter.

Ein Plus im Oktober

Bislang hat sich der Wirtschaftsabschwung bei den Stammbelegschaften der Industriebetriebe noch nicht ausgewirkt. Die Zahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamt im Oktober sogar um zwei Prozent auf 5,4 Millionen Personen gestiegen. Das entspreche einer Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um rund 105700 Personen. Im November und Dezember dürfte es allerdings ganz anders aussehen, sagte ein Experte des Amtes. Nicht in dieser Zahl enthalten seien die Leiharbeiter. Die Dax-Konzerne trennen sich von diesen bereits jetzt in großem Stil.

Lesen Sie weiter, wie die Mehrheit der Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen hat.

Plan für schlimmsten Fall

Die Umfrage der SZ bei den Dax-Unternehmen ergab, dass die Mehrzahl dieser Firmen betriebsbedingte Kündigungen in Vereinbarungen mit den Gewerkschaften ohnehin ausgeschlossen hat. Das gilt etwa für Bayer, Daimler, die Telekom, die Post, Lufthansa und die Energiekonzerne RWE und Eon. Die Fristen sind allerdings unterschiedlich.

Bei der Telekom gilt dies bis Ende 2009, bei der Tochter-Servicegesellschaft bis Ende 2012, bei der Post bis Mitte 2011, bei Daimler sogar bis 2012. Die großen Energiekonzerne können Arbeitsplätze ohnehin leicht garantieren. Sie haben keine großen Sorgen vor einem Konjunktureinbruch und investieren Milliarden, um ihre internationale Expansion fortsetzen zu können. Sowohl Eon als auch RWE haben 2008 noch neue Leute eingestellt.

Bei anderen Dax-Unternehmen sieht es deutlich schlechter aus: Henkel hat bereits im Frühjahr 2008 ein Sparprogramm angekündigt, bis 2011 fallen deshalb etwa 3000 Stellen weg. Betriebsbedingte Kündigungen will der Konzern vermeiden, schließt diese aber nicht aus. Metro hat im Großhandelsgeschäft vor kurzem ein Sparprogramm gestartet, das den Abbau von mehreren hundert Stellen umfasst.

Bei Conti hat der Vorstand angekündigt, dass auch die Kernbelegschaft nicht verschont wird, wenn es 2009 schlecht läuft. Betriebsbedingte Kündigungen sollen aber das letzte Mittel bleiben. SAP lehnt es ab, irgendwelche Zusagen dieser Art zu machen - der Software-Konzern hat einen Einstellungsstopp verhängt.

Dem größten deutschen Stahlkonzern Thyssen-Krupp brechen zwar die Aufträge weg, für die ersten Monate 2009 ist Kurzarbeit geplant. Dennoch will das Unternehmen die Stammbelegschaft halten. Allerdings hält der Konzern einen "Plan C" bereit. Falls die Stahl- und Edelstahlaufträge weiter stark zurückgehen, sind Entlassungen und die Schließung ganzer Werke vorgesehen. Konzernchef Ekkehard Schulz nannte dies den worst case, den schlimmsten Fall, der hoffentlich nicht eintrete.

© SZ vom 17.12.2008/dad, dom, jfl, hwb, mth, stw, tö/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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