Schifffahrt:Reederei Rickmers muss Insolvenz anmelden

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Die HSH Nordbank lehnt den Sanierungsplan des Hamburger Unternehmens überraschend ab. Schuld an dem Niedergang ist wohl die Schifffahrtskrise - zum Teil aber auch die Reederei selbst.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Seit Monaten hatte Bertram Rickmers gekämpft. Um Geld, um Arbeitsplätze, um die Zukunft dieser Reederei, die seinen Namen trägt. Vor allem aber: um seine Ehre. Sollte er, der dieses Unternehmen in fünfter Generation leitet, derjenige sein, der den Untergang zu verantworten hat?

Am späten Mittwochabend wurde klar, dass Bertram Rickmers, 64 Jahre alt, den Kampf um Firma und Ehre verloren hat. Die HSH Nordbank habe die Kreditanträge der Reederei zurückgewiesen und die Zustimmung zum Sanierungskonzept verweigert, teilte Rickmers mit. Dies sei aus Sicht des Unternehmens "sehr überraschend", schließlich habe man erst Mitte April eine grundsätzliche Einigung über den Sanierungsplan auch mit der HSH erzielt. Alle darin vereinbarten Schritte habe das Unternehmen eingehalten. Dennoch lasse die HSH nun nicht mit sich reden, es gebe "keinerlei Verhandlungsbereitschaft" seitens der Bank. Deswegen müsse Rickmers nun "ohne schuldhaftes Zögern" einen Insolvenzantrag stellen.

Der Showdown um die Zukunft der traditionsreichen Reederei, deren Vorläuferunternehmen 1834 in Bremerhaven gegründet wurde, wurde eigentlich erst für Donnerstag erwartet. Für diesen Tag hatte das Unternehmen seine Gläubiger in ein Hotel am Hamburger Flughafen bestellt, wo über die Sanierungsbemühungen entschieden werden sollte. Pleite oder Rettung - das war der einzige Tagesordnungspunkt. Ein knappes Rennen wurde erwartet. Nun können die Gläubiger am Donnerstag nur noch darüber abstimmen, wer ihre Interessen in einem Insolvenzverfahren vertreten soll.

Das Unternehmen war in Folge der Schifffahrtskrise in Bedrängnis geraten. Rickmers ist ein sogenannter Charterreeder, vermietet also Schiffe an große Linienreedereien wie etwa Hapag-Lloyd. Die versuchen aber natürlich zunächst immer ihre eigenen Frachter auszulasten statt zusätzliche anzumieten, weswegen bei einer Krise in der Branche Unternehmen mit dem Geschäftsmodell von Rickmers besonders hart getroffen werden. Kritiker werfen dem Firmenpatriarchen allerdings auch vor, den Untergang zu einem großen Teil selbst verschuldet zu haben: Rickmers gab noch 2013, am Höhepunkt der Schifffahrtskrise eine Anleihe aus, die 2018 fällig wird und mit fast neun Prozent verzinst werden sollte - ein abenteuerlich hoher Wert. Zudem gilt Rickmers als beratungsresistent und sehr machtbewusst, auch das soll notwendige Umstrukturierungen in dem Unternehmen in der Vergangenheit erschwert haben.

Das vergangene Geschäftsjahr endete für Rickmers mit 341 Millionen Euro Verlust, die Schulden liegen bei etwa 1,5 Milliarden Euro, davon entfallen 275 Millionen auf die Neun-Prozent-Anleihe. Schon seit längerem war klar, dass Bertram Rickmers im Familienunternehmen massiv an Einfluss verlieren würde. Der Sanierungsplan sah vor, dass er 75,1 Prozent der Anteile an die Gläubiger abgeben und 30 Millionen Euro aus seinem privaten Vermögen ins Unternehmen einbringen müsste. Schon 2016 hatte Rickmers 13 Millionen Euro eigenes Geld in das Unternehmen gepumpt, um die Pleite abzuwenden. Genützt hat es nichts: Nun hofft man, den Geschäftsbetrieb während der Insolvenz aufrecht erhalten zu können.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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