Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair will erstmals in ihrer 32-jährigen Geschichte Gewerkschaften anerkennen und mit ihnen verhandeln. Ein entsprechendes Angebot habe das Unternehmen an Arbeitnehmervertreter in Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien und Portugal verschickt, teilte Ryanair am Freitag mit. Die Anerkennung von Gewerkschaften werde "eine signifikante Veränderung für Ryanair sein, aber wir haben uns in der Vergangenheit auch schon radikal geändert", sagte Firmenchef Michael O'Leary. Als Bedingung fordert das Unternehmen, dass Gewerkschaften eigene Tarifkommissionen für Verhandlungen mit Ryanair bilden.
Sollte die Fluggesellschaft wirklich mit Arbeitnehmervertretern verhandeln, käme das einem Kulturwandel gleich. Freiwillig kommt der Schritt aber nicht. Dem Unternehmen drohen erstmals Streiks seiner Piloten, und das zur Weihnachtszeit. Am Heimatflughafen Dublin stimmten die Piloten bereits für einen Arbeitskampf. Am Dienstag schloss sich auch die deutsche Vereinigung Cockpit an und rief zu kurzfristigen Streiks auf. Ob diese nun abgesagt werden, war zunächst unklar. Die Gewerkschaft kündigte an, das Angebot von Ryanair zu prüfen.
Die Piloten wollen höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen. Ihre Bezahlung gilt im Branchenvergleich als unterdurchschnittlich - was Ryanair allerdings bestreitet. Zudem steht die Fluggesellschaft wegen ihrer Arbeitsbedingungen in der Kritik. Viele Piloten sind nicht fest angestellt, sondern sitzen als Selbständige im Cockpit. In Deutschland läuft bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Scheinselbständigkeit. Die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen lässt sich auch an einer vergleichsweise hohen Fluktuation im Cockpit ablesen. Wie aus dem jüngsten Geschäftsbericht des Unternehmens hervorgeht, bleiben Piloten im Schnitt nur vier Jahre bei Ryanair.
Groß angelegte Streiks seiner Piloten würden das Unternehmen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt erwischen. Ryanair muss bis März ohnehin schon Tausende Flüge streichen, angeblich wegen einer fehlerhaften Urlaubsplanung. Aus Branchenkreisen heißt es, dass auch ein eklatanter Pilotenmangel Grund für die Probleme sei.