Ryanair:Airline streicht rund 2000 Flüge 

Lesezeit: 2 min

Die Fluggesellschaft hat sich bei der Urlaubsplanung vertan und muss bis Ende Oktober 2000 Flüge absagen - zum Ärger der Kunden.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Für Lufthansa ist Ryanair derzeit der größte Albtraum. Dass sich Deutschlands größte Fluggesellschaft weiterhin für Teile der insolventen Air Berlin interessiert, hängt vor allem damit zusammen, dass sie es Ryanair so schwer wie möglich machen will, hierzulande zu wachsen. Doch Ryanair hat derzeit ganz andere Probleme.

Ende vergangener Woche, nach Börsenschluss, hatte Europas größte Billigfluggesellschaft verkündet, dass sie bis Ende Oktober rund 2000 Flüge streichen muss.

Und jeder fragt sich: Wie bitte kommt das denn? Vordergründig geht es darum, dass die irische Luftfahrtbehörde eine Mindestzahl an Urlaubstagen der Piloten pro Kalenderjahr vorschreibt, Ryanair hatte bislang zwar auch zwölf Monate als Berechnungsgrundlage genommen, aber nicht das Kalenderjahr. Die Umstellung hat nun dazu geführt, dass zu viele Piloten noch vor Jahresende ihren Urlaub nehmen müssen. Ryanair kann also nicht den gesamten Flugplan abfliegen. Die Frage ist dennoch, warum die Konsequenzen jetzt so gravierend sind, denn dass die Änderung kommen würde, war dem Unternehmen seit dem vergangenen Jahr bekannt. "Wir haben die Urlaubsplanung verbaselt", sagt Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs.

Doch ist zweifelhaft, ob diese Begründung tatsächlich die ganze Antwort ist. Die Ausfälle deuten vielmehr auch auf strukturelle Probleme hin. Berichten britischer Medien zufolge kämpft Ryanair mit Pilotenmangel, weil viele Kapitäne von der Konkurrenzairline Norwegian abgeworben worden seien. Zwar bildet Ryanair eigene Piloten aus, aber offenbar reicht das nicht. Der Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), Markus Wahl, bestätigte: "Ryanair-Mitarbeiter sagen uns, es werden Flüge gestrichen, weil Piloten das Weite suchen", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung vom Dienstag. Ryanair habe eine hohe personelle Fluktuation, weil die Airline niedrigere Gehälter zahle als die Wettbewerber. "Viele Piloten versuchen, zu anderen Gesellschaften zu wechseln", sagte Wahl. Ryanair habe daher bereits angefangen, auch Piloten aus Südamerika anzuwerben. Der Chef der irischen Fluglinie, Michael O'Leary, gestand ein, dass Konkurrenten um die Piloten von Ryanair buhlen - bestritt jedoch einen Personalengpass. Dennoch will Ryanair nun für sein Personal mehr tun: Die Piloten sollen mit einem "Loyalitätsbonus" bei Stange gehalten halten werden. Zugleich mahnte die EU-Kommission die Iren am Montag, die europäischen Verbraucherrechte der Passagiere zu achten. Diese hätten bei der Absage eines Flugs eine Reihe von Ansprüchen, sagte ein Kommissionssprecher. Nach einschlägigen EU-Regeln müssen Fluglinien ihre Kunden mindestens zwei Wochen vor Abflug über eine Streichung informieren. Ist die Frist kürzer, müssen sie den Passagieren eine neue Verbindung anbieten. Je weniger Zeit bis zum gebuchten Abflug bleibt, desto weniger Spielraum hat die Airline: Werden Kunden weniger als sieben Tage vorher unterrichtet, darf der Ersatzflug nicht mehr als eine Stunde früher abgehen als die ursprünglich gebuchte Verbindung. Schafft die Fluglinie das nicht, muss sie den Kunden entschädigen. Man erwarte, dass sich Ryanair daran halte, sagte der Sprecher. Für die Durchsetzung der Rechte ist das Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig zuständig. Die Börse quittierte die Querelen am Montag mit einer Talfahrt: Die Ryanair-Aktie rutschte um fünf Prozentpunkte ab.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: