Regierungsgutachten:Schlechte Chancen für Opel

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Trübe Aussichten: Laut einer streng vertraulichen Analyse sind alle drei Übernahmeangebote ungeeignet, den deutschen Autobauer langfristig als eigenständige Marke am Überleben zu halten.

Thomas Öchsner

Alle drei Übernahmeangebote für Opel bieten schlechte Aussichten, den deutschen Autohersteller langfristig als eigenständige Marke am Überleben zu halten. Dies geht aus einer streng vertraulichen Analyse der Investmentbank Lazard hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Insolvenz des Autoherstellers soll in jedem Falle vermieden werden. (Foto: Foto: afp)

Das vierseitige Papier hat die Bank im Auftrag der Bundesregierung erstellt. In der Synopse werden die Offerten des Autozulieferers Magna, des Finanzinvestors RHJ und des bereits ausgeschiedenen chinesischen Autoherstellers BAIC verglichen. Die kritischen Anmerkungen zu allen drei Opel-Interessenten dürften der Bundesregierung und den vier Ländern mit Opel-Standorten höchst ungelegen kommen. Schließlich wollen sie eine Insolvenz des Autoherstellers auf jeden Fall vermeiden.

Die Investmentbanker kommen zu dem Schluss, dass mit den Konzepten von allen drei Anbietern die erforderliche Größe für einen eigenständigen Autohersteller nicht zu erreichen sei. Wörtlich heißt es in dem Papier: "Kritische Masse eines Volumens OEMs kaum erreichbar". Die Buchstaben OEM sind eine Abkürzung für den englischen Fachbegriff "Original Equipment Manufacturer". In der Automobilbranche ist damit ein eigenständiger Produzent gemeint.

Die Lazard-Experten halten somit Opel als Volumenhersteller, der auf die Massenproduktion setzt, für zu klein, um in einem Markt mit weltweiten Überkapazitäten auf Dauer bestehen zu können. Die Investmentbank berät die Bundesregierung schon seit April bei ihren Verhandlungen im Opel-Bieterkampf.

Das Papier diente als Grundlage für die Gespräche des Opel-Verhandlungsteams mit dem Mutterkonzern General Motors (GM), die am Mittwoch im Kanzleramt stattfanden. Bei dem Vergleich schneidet keiner der Opel-Interessenten besonders gut oder schlecht ab. Die Banker favorisieren weder Magna noch RHJ, die beide noch im Rennen sind.

Auffällig in der Analyse ist, dass der von der Bundesregierung und von den Ländern favorisierte Mitbieter Magna in der politischen Bewertung am besten abschneidet. Der österreichisch-kanadische Autozulieferer habe ein "eigenständiges strategisches Konzept" und eine "gute Managementqualität". Es handele sich um einen strategischen Käufer, der "breite Unterstützung in Politik" und bei Arbeitnehmern genieße. Andererseits warnen die Berater von Lazard vor einem "Ausverkauf deutscher Technologie nach Russland" und halten die von Magna geplante Eroberung des russischen Marktes für "unsicher".

Auch bei den anderen Anbietern zeigen sich die Banker teilweise skeptisch: Bei RHJ kritisieren sie die "hohe de-Facto-Abhängigkeit von GM" und "sehr optimistische Wachstums- und Profitabilitätsannahmen". Bei dem chinesischen Konkurrenten BAIC fürchten sie einen "Ausverkauf deutscher Technologie nach China" und halten den langfristigen Verbleib von Arbeitsplätzen in Deutschland für fraglich.

In der Analyse werden ebenfalls die Finanzpläne verglichen. Danach verlangt Magna das "höchste Staatsgarantievolumen" und bringe nur 100 Millionen Euro "echtes Eigenkapital" mit. Hier kann RHJ mit besseren Daten glänzen.

Das Feilschen um die Zukunft des Autobauers wird kommende Woche in die nächste Runde gehen. Dann werden die Verhandlungen von GM mit der Bundesregierung und den Standortländern fortgesetzt.

© SZ vom 25.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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