Quartalsbericht der Bank:JP Morgan präsentiert die Zocker-Rechnung

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"Wir haben uns selbst ins Knie geschossen": Bislang wurde nur spekuliert, wie viel JP Morgan durch riskante Finanzgeschäfte wirklich verloren hat - der aktuelle Quartalsbericht liefert nun erstmals konkrete Zahlen. Mehr als vier Milliarden Dollar belasten die Bilanz der Bank. Gewinn macht sie trotzdem.

Lange Zeit galt Jamie Dimon als Star in der Finanzwelt. Anfang Mai musste er allerdings peinliche Fehler in seiner Bank eingestehen: Ein Händler in London konnte unbemerkt Milliarden verzocken. Die Finanzbranche taufte ihn auf den Spitznamen "der Wal", weil seine Aktionen so auffällig waren wie ein Wal im Haifischbecken.

Nur JP Morgan merkte es offenbar nicht. Die riskanten Wetten des Wals liefen noch, als die Bank die Zockerei eingestehen musste. Somit stand zunächst nicht fest, wie viel Geld die Bank tatsächlich verlieren wird. Dimon sprach anfangs von mindestens zwei Milliarden Dollar, vor kurzem wurde schon über Summen in der Größenordnung von neun Milliarden Dollar spekuliert.

Nun hat JP Morgan erstmals eine verlässliche Zahl geliefert: Zum jetzigen Zeitpunkt wird die Bilanz der Bank durch die Geschäfte mit einem Verlust von 4,4 Milliarden Dollar vor Steuern belastet. Das geht aus dem Bericht für das zweite Quartal 2012 hervor. "Wir haben uns selbst ins Knie geschossen", sagte Dimon. Es sei außerdem nicht auszuschließen, dass noch weitere Kosten auf die Bank zukommen. Finanzchef Doug Braunstein sprach sogar von einem Verlust von 5,8 Milliarden Dollar.

Im Bericht von JP Morgan an die US-Börsenaufsicht SEC gibt die Bank seinen Händlern die Schuld an dem Desaster. "Gewisse Individuen haben wohl versucht, das volle Ausmaß der Verluste zu verschleiern", heißt es darin - JP fühlt sich also schlicht belogen. Deswegen werde die Bank die Ergebnisse des ersten Quartals nach unten korrigieren.

Trotz dieser Verluste schaffte die Bank im zweiten Quartal einen Nettogewinn von fünf Milliarden Dollar - und blieb damit nur knapp unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums von 5,4 Milliarden. Dabei halfen allerdings Sondereffekte: So konnte JP Morgan etwa einen Teil seiner milliardenschweren Risikovorsorge für Kreditausfälle auflösen.

Die Verluste stammen aus einem Kreditportfolio, das nicht ausreichend gegen Verluste abgesichert war. "Das lässt uns ziemlich dumm aussehen", gestand Dimon nach Bekanntwerden der Probleme. In der Folge musste seine enge Vertraute Ina Drew gehen, sie war verantwortlich für das Chief Investment Office, die Abteilung, die für die Fehlspekulationen verantwortlich war. Auch "der Wal" Bruno Iksil musste die Bank verlassen.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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