Prozess gegen Fitschen & Co.:Deutsche-Bank-Verteidiger erheben Vorwürfe gegen Ermittler

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Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank und Angeklagter im wohl wichtigsten Wirtschaftsprozess des Jahres. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)
  • Vor Beginn des Deutsche-Bank-Prozesses kritisieren die Verteidiger die Staatsanwaltschaft massiv. Die Ermittler würden wichtige Akten angeblich nur zögernd herausrücken.
  • Das Verfahren wollen die Anwälte aber nicht platzen lassen, um den Richter zu behalten, der als fair und gründlich gilt.

Von Klaus Ott

Erst hat die Staatsanwaltschaft das Wort, um die Anklageschrift zu verlesen, doch dann wollen die Verteidiger zum Gegenschlag ausholen. Im Verfahren gegen Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen und vier frühere Vorstände des Geldinstituts, das an diesem Dienstag vor dem Landgericht München I beginnt, soll es gleich kräftig zur Sache gehen. Die Ermittler müssten "eins auf die Mütze" bekommen, heißt es aus den Reihen der Anwälte.

Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Vorstände der Deutschen Bank stehen vor Gericht, weil sie im Fall Kirch versucht haben sollen, die Justiz zu täuschen. Die Angeklagten bestreiten das.

Der Grund für den Unmut ihrer Anwälte: Die Münchner Staatsanwaltschaft schiebe Akten angeblich nach Belieben hin und her und rücke Unterlagen nur zögernd heraus, die für den Prozess wichtig seien. So gehe das nicht, waren sich die Verteidiger einig, als man sich gut eine Woche vor dem Prozessauftakt traf. Einer der Verteidiger bereitet einen Antrag vor, mit dem das Gericht sinngemäß aufgefordert werden soll, für ein faires Verfahren zu sorgen. Offen soll nur noch sein, ob der Antrag am ersten oder am zweiten Verhandlungstag eingebracht werde, der für nächste Woche Dienstag angesetzt ist.

Zum äußersten Mittel, einem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens, wollen die Anwälte aber nicht greifen. Denn dann würde ihnen Peter Noll verloren gehen, der Vorsitzende Richter der fünften Strafkammer, der den Prozess leitet. Auf Noll hoffen die Verteidiger, weil er besonders fair und gründlich zu Werke geht. Auf Noll hofft auch die Staatsanwaltschaft, weil er besonders tief gräbt. Müsste der Prozess neu gestartet werden, dann wäre Noll im Wege einer Beförderung schon beim Oberlandesgericht und müsste das Verfahren abgeben. Das will niemand.

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Anwälte sprechen von "Endlos-Material"

Die Verteidiger haben nach eigenen Angaben seit Erhebung der Anklage im August 2014 immer wieder mal neue Akten bekommen. Hier Tausende E-Mails, dort weitere Dokumente. Von "Endlos-Material" ist die Rede. Eigentlich, sagen Anwälte, hätten die Ermittler das alles vor Anklageerhebung auswerten und den Verteidigern zukommen lassen müssen. Die Staatsanwaltschaft sehe das aber anders. Sie habe einen Teil der Akten in den aktuellen Prozess gegen die fünf Angeklagten gepackt.

Einen anderen Teil der Akten führe die Behörde in einem weiteren Verfahren gegen 14 weitere Beschuldigte, bei dem es aber letztlich um denselben Sachverhalt gehe, kritisieren die Verteidiger. Mit dem geplanten Antrag solle sichergestellt werden, dass die Staatsanwaltschaft die Akten "nicht nach Belieben zwischen dem 5er- und dem 14er-Verfahren hin- und hergeschoben werde". Richter Noll müsse die Ermittler zur Ordnung rufen.

Acht Sonderbände über das Vermögen der Angeklagten

So oder so, alle Prozessbeteiligten müssen weiterhin fleißig Akten wälzen. Der Anklage liegen 143 Ordner zugrunde: 33 Bände Ermittlungsakten, 32 Beweismittelbände, 44 Bände Fallakten, 25 Bände mit Kopien aus dem Kirch-Zivilverfahren vor dem OLG München, ein Sonderband mit vertraulichen Unterlagen aus der Deutschen Bank sowie acht weitere Sonderbände. Sie enthalten die Ermittlungen zu den Vermögensverhältnissen der Angeklagten. Offenbar für den Fall, dass die Angeklagten am Ende zahlen müssen. Das richtet sich dann nach ihrem Vermögen.

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