Es würden die "Weichen für Wachstum" gestellt, sagte Vorstandschef Thomas Ebeling im Herbst 2015, als das Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 den Online-Reiseanbieter E-Traveli aus Skandinavien übernahm. Online-Buchungen seien ein großer Wachstumsmarkt, deshalb wurden rund 200 Millionen Euro investiert, so viel wie zuvor in das Preisvergleichsportal Verivox, einer der größten Online-Übernahmen der Münchner.
Doch jetzt, nur 18 Monate später, hat das Reisegeschäft offenbar an Reiz verloren. Ebeling lässt derzeit alle "strategischen Optionen" durchspielen, sagte er am Donnerstag, dazu gehöre auch ein ganzer oder teilweiser Verkauf der Sparte. Die überraschende Kehrtwendung erklärt er nun damit, dass die Margen in dem Geschäft nicht mehr deutlich verbessert werden können und dass die Synergien mit den übrigen Bereichen gering seien. Außerdem, und das ist offenbar der wichtigste Grund, gebe es Interessenten für die Sparte. Wer das ist, ließ Ebeling offen. Die vorliegenden Offerten müssen aber gut sein, denn Finanzvorstand Gunnar Wiedenfels sagte nur: "Es kommt immer auf den Preis an." Angeblich ist bereits eine Investmentbank eingeschaltet worden.
Dabei sind die Zahlen im Online-Reisegeschäft gut, dazu gehört neben E-Traveli auch der Erlebnisanbieter Mydays, das Pauschalreiseportal weg.de und billiger-mietwagen.de. Der Umsatz stieg 2016 um 76 Prozent oder 137 Millionen Euro auf 316 Millionen Euro. Damit steuerte dieses Segment ein Viertel des gesamten Konzernwachstums bei. Sogar die wesentlich größere Fernsehsparte, die 2,2 Milliarden Euro einnahm, legte in absoluten Zahlen deutlich weniger zu. Insgesamt wuchs der Konzernumsatz um 17 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro, den höchsten Wert in der Unternehmensgeschichte. Auch für 2017 sind neue Rekordwerte geplant.
"Ein Medienunternehmen sollte von jemandem geführt werden, der jünger als 60 ist"
Auch zum Gewinnwachstum trägt das Online-Geschäft einiges bei. Der gesamte Digitalbereich, der neben den Reiseseiten Preisvergleichsportale wie Verivox, die Online-Partnervermittlung Parship sowie Anbieter von Kosmetik- und Lifestyle-Artikeln umfasst, macht eine operatives Ergebnis von 180 Millionen Euro, im Konzern waren es knapp über eine Milliarde Euro, auch das ein Rekordwert. E-Traveli war noch unter der Ägide von Vorstandsmitglied Christian Wegner gekauft worden, dieser ist aber inzwischen ausgeschieden und wurde durch Sabine Eckhardt ersetzt.
Ebelings Strategie ist, das Fernsehunternehmen von den schwankenden Werbeeinnahmen unabhängiger zu machen und im Online-Geschäft zu expandieren. Inzwischen werden 47 Prozent der Konzernumsatzes außerhalb des TV-Werbung erwirtschaftet. Betrieben werden unter anderem Sat 1, Pro Sieben, Kabel 1 und mehrere Spartensender wie Sixx. Bei den Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren sieht sich die Gruppe mit 28 Prozent Marktanteil vor dem Konkurrenten RTL (24,8 Prozent, ohne RTL II). Dabei sei das vergangene Jahr wegen der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen schwierig gewesen, beide Großereignisse wurden von den öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF übertragen. In Österreich erwarb das Unternehmen von der Tele-Münchengruppe von Filmhändler Herbert Kloiber den defizitären Sender ATV. Die Pro-Sieben-Sat 1-Aktie, die seit dem vergangenen Jahr im Dax notiert, gab leicht nach.
Ebeling, 58, ist seit 2009 Vorstandschef, er deutet an, dass er seinen Vertrag 2018 nicht noch einmal verlängern werde. "Ein Medienunternehmen sollte von jemandem geführt werden, der jünger als 60 ist", sagte er. Es sei nicht "sein Plan A", immer weiterzumachen.