Panama Papers:"Der Deutsche" aus Panama

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Nordrhein-westfälische Behörden ermitteln auch wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung sowie Geldwäsche gegen Jürgen Mossack.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott, Köln/München

Die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca ist zum Synonym für das große schwarze Loch in der Weltwirtschaft geworden. In diesem Loch passierten fortwährend dunkle Dinge: Die in Panama-Stadt ansässige Kanzlei soll Waffenschiebereien, Korruption, Sanktionsbruch, Steuerbetrug und zahlreiche weitere Verbrechen ermöglicht haben, auch soll sie geholfen haben, die Spuren zu verschleiern. In etwa achtzig Ländern wurden im Zusammenhang mit den Panama Papers bereits Verfahren eingeleitet und es ist zu erwarten, dass der Erwerb der Panama Papers durch das Bundeskriminalamt (BKA) der Angelegenheit neuen Schwung geben wird. Es wird noch viele weitere Verfahren geben.

Aber einem der beiden Gründer der Kanzlei, dem aus Fürth stammenden Jürgen Mossack, den sie in Panama "den Deutschen" nennen, macht in der Heimat zunehmend ein Fall zu schaffen, der schon vor den Panama Papers begann. Die Staatsanwaltschaft Köln hat Ende 2014 ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Das läuft wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und wegen Verdachts der Geldwäsche. Vorstellbar ist, dass noch ein weiterer Vorwurf dazukommt: Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dann wäre ein internationaler Haftbefehl wahrscheinlich. Spannende Fragen: Würde Panama den Deutschen nach Deutschland ausliefern? Oder würde Panama dem Deutschen selbst den Prozess machen?

Mossack und sein Partner Ramon Fonseca gehörten mal zur Elite in Panama, aber das ist offenbar vorbei. Von Februar bis April 2017 saßen sie in Untersuchungshaft und wurden nur gegen Zahlung einer Kaution freigelassen. Gegen die beiden Gründer der Anwaltskanzlei läuft in Panama ein Verfahren wegen Verdachts der Geldwäsche. Es geht nicht um die Panama Papers, sondern um den Vorwurf, sie hätten an einem brasilianischen Korruptionsnetzwerk mitgewirkt.

Jürgen Mossack ist einer der Gründer jener Kanzlei, die ihren Kunden dubiose Geschäfte ermöglicht haben soll. (Foto: Jandrade97/CC BY-SA 4.0)

Eins kommt zum andern. In der Aufregung über den Scoop des BKA ist untergegangen, dass die Kanzlei Mossack Fonseca schon früher nicht ganz dicht war. Die Firma, die einer der weltweit größten Anbieter von Briefkastenfirmen war, hatte schon vor Jahren ein Leak. Die Daten landeten, wie so oft, bei Steuerfahndern in Nordrhein-Westfalen. Rund 500 Verfahren wurden damals eingeleitet; sie werden von einer Spezialeinheit mit dem Kürzel EOKS abgearbeitet (Ermittlungsgruppe Organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung). Eine solche Einheit gibt es sonst nirgendwo in der Republik. Sie setzt sich aus Steuerfahndern und Kriminalbeamten zusammen und ist beim Düsseldorfer Landeskriminalamt angesiedelt.

Die EOKS ermittelt gegen Steuerhinterzieher; gegen Banken, die Beihilfe beim Steuerbetrug geleistet haben sollen; gegen Treuhänder und Finanzvermittler, die beim Geldverstecken helfen; und eben auch gegen Mossack und Fonseca. Schätzungsweise hundert Verfahren laufen noch. Die Kölner Staatsanwaltschaft legt auch nach dem BKA-Scoop Wert auf die Feststellung, dass das auch "unsere Verfahren bleiben", wie ein Sprecher der Behörde sagt. Gilt diese Aussage auch für den Fall Mossack? "Derzeit ja".

Es hat vor dem Zugriff des BKA auf die Panama Papers heftigen Streit zwischen Behördenvertretern aus NRW und Hessen gegeben, wo das BKA ansässig ist. Ein Treffen in Wiesbaden am 12. Mai verlief fast feindselig. Wer hat das Sagen, wer darf wie mitmachen, das waren die Fragen. Ein renommierter hessischer Strafverfolger fragte, ob denen aus NRW das "napoleonische Ausmaß" der Ermittlungen klar sei. Die Spannungen haben sich angesichts von 2,6 Terabyte Panama Papers, die ausgewertet werden müssen, gelegt. Das BKA will alles "gemeinsam" machen. Das meint in der Sprache des BKA, Wiesbaden macht die Fallanalysen, verteilt das Material an die zuständigen Behörden, behält aber die Führung.

(Foto: N/A)

Eine große Gruppe von Ermittlern aus Hessen und NRW war neulich in Panama, um über die Zusammenarbeit mit den Kollegen vor Ort zu sprechen. Als die Fahnder aus NRW vor dem Scoop des BKA noch alleine mit den Kollegen aus Panama redeten, hatten sie den Eindruck, ein gemeinsames Team mit den Panamesen sei machbar. Ein solches Team wird es nach derzeitigem Stand nicht geben. Man hat sich auf die Formel verständig, bei jedem Einzelfall werde geprüft, ob Rechtshilfe möglich sei. Was das alles für Jürgen Mossack bedeutet, ist noch unklar.

Klar hingegen ist: Es wird weiterhin Datenkäufe geben. Wegen des Regierungswechsels in NRW waren in Ermittlerkreisen Zweifel aufgenommen, ob das neue CDU-geführte Landeskabinett den Erwerb von CDs mit Informationen über Schwarzgeldkonten und Ähnliches gutheißen werde. Nachdem nun die CDU-geführte Bundesregierung den Zugriff auf die Panama Papers gutheißt, gelten diese Zweifel als ausgeräumt. NRW wird wohl weiter CDs kaufen. An Angeboten soll es nicht mangeln.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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