Opel:Umparken war gestern

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Der Chef schmeißt hin, der Eigentümer wechselt - aber bei Opel geben sie sich ungerührt einen neuen Werbeslogan.

Von Max Hägler, Rüsselsheim

Es gibt also doch noch Konstanten bei Opel in Rüsselsheim. Sie könne eine gute Botschaft für den Autobauer vermelden, ruft Vorstandsfrau Tina Müller dem Mann auf der Bühne zu: "Wir haben den Vertrag mit dir vorzeitig verlängert!" Und sie freue sich auf weitere Jahre der Zusammenarbeit. Ein "Ja, danke schön!" erwidert Jürgen Klopp, Fußballtrainer sowie Markenbotschafter für Opel. Auch für den zweiteren Job sei er geeignet und freue sich entsprechend über das Engagement: "Da ich komplett 08/15 bin", totaler Durchschnitt. So wie Opel, schwingt da mit. Die meisten im Publikum grinsen; manche ein wenig gequält, es sind wohl Opelaner. Böse sind wohl auch sie ihm nicht: immerhin dieser Typ bleibt, ist eine Konstante, anders als Karl-Thomas Neumann.

Denn der Sprecher der Geschäftsführung, wie das hier bei Opel heißt, hat ja am Vortag hingeworfen, weswegen die Sache mit der Vertragsverlängerung eine recht kuriose Pointe ist. Neumann sollte bei diesem Mobilitätskongress über die Zukunft von Opel sprechen, vom autonomen Fahren und elektrischen Wagen, was eben en vogue ist als Debattenthema in der Branche. Auf der Website der Veranstaltung war er noch am Veranstaltungstag geführt.

Weder der alte noch der neue Chef sind zu diesem Termin erschienen

Doch erschienen ist er nun nicht, obwohl er noch Mitglied im Vorstand ist. Das mag übrigens auch daran liegen, dass der bisherige Opel-Eigentümer General Motors (GM) das Management angeblich mit einer Millionenprämie lockt im Fall eines erfolgreichen Verkaufs. Aber auch Neumanns Nachfolger Michael Lohscheller ist nicht gekommen in die Halle K 48 auf dem Opel-Werksgelände. Man müsse diesem eine 100-Tage-Schonfrist zugestehen, erklärt ein Opel-Mitarbeiter das Fernbleiben. Über die Zukunft spricht man an diesem Tag eben ohne die Chefs.

"Natürlich hätten wir auch sehr gerne mit Neumann weitergemacht", sagt einer der Gäste, der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier - allerdings erst nach seiner Rede zu Standort und Branche. Der bisherige Opel-Chef habe sich "große Verdienste erworben" bei der Rettung des Autobauers, den er zwischen 2013 und 2017 führte. Neumann habe mit seinem Team das Image gestärkt und den Schulterschluss mit den Arbeitnehmern hinbekommen. Sein Nachfolger habe eigentlich die gleiche Aufgabenstellung, sagt Bouffier: endlich Geld verdienen. Wer der Firmeneigner sei, spiele "eigentlich" keine Rolle. Seit der Jahrtausendwende hat Opel kein Geld mehr verdient; seitdem muss General Motors stets draufzahlen bei jedem Auto, das die Werke in Eisenach, Kaiserslautern oder eben Rüsselsheim verlässt. Im Sommer soll der Verkauf an Peugeot-Citroën abgeschlossen sein, ab dem Jahr 2020 will dieser Konzern stabile Gewinne sehen will. Wobei die Aufgabenstellung für den Opel-Chef just an diesem Dienstag schon ein wenig neu justiert worden ist. Einen neuen Slogan haben sie ersonnen, nach diesem "Umparken im Kopf", für das Jürgen Klopp in den vergangenen Jahren in Werbefilmchen zu sehen war. Künftig wird es technischer: "Die Zukunft gehört allen." Das Umparken sei nicht nur ein Verkaufsspruch gewesen, erklärt Müller, sondern auch nach innen gerichtet, an die Mitarbeiter, die ihre Haltung zu Opel verändern sollten: Frecher, frischer als früher, so ist das Wunschbild. Das Ziel sei erreicht. "Wir sind zurückgekommen und sind jetzt führend", sagt die ranghöchste Opel-Managerin an diesem Tag, an dem die Männer abhandengekommen sind.

Ein Problem: Das gelobte Automodell hat Lieferschwierigkeiten

Hinter ihr auf der Videoleinwand: Der Ampera E, ein sehr ordentlicher Elektrowagen. Das sei ein Beispiel für diese Zukunft, in der Autos wahrscheinlich elektrisch fahren und gesteuert von Robotern. Ersteres kann der Ampera schon, ein "Tesla fürs Volk" sei das, sagt Müller und spricht von der Demokratisierung von Innovationen. Was sie übrigens recht wortgleich auch bei Volkswagen so formulieren.

Das Abkupfern von guten Sprüchen ist naheliegend: Alle Massenhersteller wollen irgendwie mitspielen bei diesen neuen Technologien, sie erschwinglich machen. Aber es gibt doch ein Problem: Der Ampera beruht auf dem Chevrolet Volt, also einem Modell aus dem GM-Reich. Dort aber ist man gelinde gesagt zurückhaltend mit Auslieferungen an Opel, vielleicht auch angesichts der anstehenden Trennung: Wer einen Ampera E, die Zukunft also, kaufen will, muss warten, sehr lange. Den Herrn Markenbotschafter stört das nicht weiter. Er hat sich einen Insignia bestellt, in Weiß, mit Verbrennermotor.

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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