Opel:Out of Rüsselsheim

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Opel-Chef Karl-Thomas Neumann setzt auf Elektromobilität. Der neue Eigentümer will davon nicht viel wissen. (Foto: dpa)

Vorstandschef Karl-Thomas Neumann verlässt womöglich bald den Autobauer, der schon im Sommer den Besitzer wechseln könnte.

Die Band, die da am Sonntagabend in Rüsselsheim auftreten sollte, passt schon ganz gut zu diesem Ort und der dominierenden Firma: Die Scorpions, diese so soften deutschen Rocker, spielen am Hauptsitz der deutschen Automarke Opel. Und sie wollten sicher auch "Wind of Change" anstimmen - das passt ebenfalls. Denn bei Opel ist gerade viel in Bewegung. Der Verkauf des Autobauers schreitet voran, die Verhandlungen zwischen dem bisherigen US-Eigentümer General Motors (GM) und der französischen Peugeot-Gruppe (PSA) sind nahezu abgeschlossen; auch die Arbeitnehmer vermelden Einigung bei den Tarifverträgen, haben keine Einwände mehr gegen einen Betriebsübergang. Jetzt geht es nur noch um die Zustimmung von Kartellbehörden. Am 31. Juli könnte es bereits so weit sein, heißt es offiziell.

Allerdings könnte danach wohl ein anderer Chef die deutsche Automarke führen, die seit Jahren um die Rückkehr in die Gewinnzone kämpft. Karl-Thomas Neumann will anlässlich dieses Betriebsübergangs angeblich auch selbst gehen. Entsprechende Gerüchte gibt es schon länger, am Wochenende ausgelöst durch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. "Wir glauben, dass ein Wechsel ansteht", hieß es - unter anderem - aus Reihen der Arbeitnehmervertreter. In Belegschaftskreisen bedauert man den offenbar anstehenden Wechsel überwiegend: Neumann agiere sehr zuverlässig. Hart dementiert wird in Rüsselsheim das ganze Gerede übrigens nicht. Es hieß am Wochenende von Opel offiziell nur: "Wir kommentieren keine Personalspekulation."

Es gibt Spekulationen, dass Neumann zu seinem Ex-Arbeitgeber VW geht

Der studierte Elektroingenieur Neumann gilt als selbstbewusster Manager, der Opel komplett neu positionieren will. Er hat das Image ein wenig aufgefrischt mit provokanter Werbung, hat auch begonnen, die Wagenpalette zu erneuern. Sein nächster Schritt: Der Autobauer soll Vorreiter bei Elektromobiliät werden. GM war das in der Vergangenheit zu teuer. Aber auch PSA will dafür in den ersten Jahren wohl eher wenig investieren - und fordert stattdessen weitere Sparmaßnahmen. Zu wenig Gestaltungsspielraum für den 56-jährigen Neumann?

Am 22. Juni könnte die Personalie bei der Opel-Aufsichtsratssitzung diskutiert werden. Und vielleicht wird bald danach auch ein neuer Arbeitgeber bekannt. Beim VW-Konzern etwa, wo er einst Elektroantriebe entwickelte, hält man ihn für ministrabel. Angesichts all der Unruhe infolge des Dieselskandals ist nicht ausgeschlossen, dass demnächst ein Top-Manager gebraucht wird in Wolfsburg oder Ingolstadt oder an anderen Stellen des Großkonzerns. Allerdings: Aktuell gibt es angeblich noch keine Annäherung zwischen Neumann und seinem alten Arbeitgeber, hieß es am Wochenende.

Sollte Neumann weggehen, stellt sich natürlich die Frage, wer in Rüsselsheim nachfolgt und was das für die Autonomie von Opel bedeutet. Befürchtungen, Opel würde unter PSA zu einer streng aus Paris geführten Peugeot-Filiale, halten Kenner der Verhandlungen für eher unwahrscheinlich: PSA-Chef Carlos Tavares lege großen Wert auf die Eigenständigkeit von Opel.

Tatsächlich sprach Taveres in den vergangenen Monaten mit Vehemenz von "your plan" und "your turn-around", wenn er bei Opelanern über seine Ziele zur Rettung-Opel diskutierte. Und er weiß wohl, dass die Marke von einem Kenner des deutschen Marktes geführt werden müsse. Von Leuten, die sich mit den Scorpions auskennen, quasi. Im Gespräch sind Vertriebschef Peter Küspert und Marketingvorstand Tina Müller.

© SZ vom 12.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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