Nahaufnahme:Unter Druck

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Bettina Volkens ist seit 2013 Personalvorstand bei der Lufthansa und in stürmische Zeiten geraten. Gewerkschaft und Mitarbeiter werfen der 52-Jährigen vor, sich nicht an bereits gemachte Zusagen zu halten - sie sei kein verlässlicher Partner mehr.

Von Jens Flottau

Bettina Volkens hält viel von guter, intensiver Kommunikation. Wenn man sich austauscht, Vertrauen gewinnt, immer in Kontakt bleibt, Probleme offen anspricht und sie analysiert, dann ist der halbe Weg zu einer Einigung schon geschafft, glaubt die Personalmanagerin. Deswegen hat es bei Lufthansa unter ihrer Führung Mediationen gegeben und Gespräche darüber, wie man Verhandlungen führen sollte und wie man einen Ausgleich erreichen könnte, in dem die jeweiligen Interessen berücksichtigt sind. Und so weiter.

Dass Volkens, seit Mitte 2014 Personalvorstand bei Deutschlands größter Fluggesellschaft, mit ihren Ansätzen bei den Piloten bislang auf Granit gebissen hat, ist nicht sehr erstaunlich. An den Hardlinern der Vereinigung Cockpit (VC) sind schon andere gescheitert, ein paar Lufthansa-Legenden wie Jürgen Weber oder ihr Vorgänger Stefan Lauer inklusive. Doch dass nun ausgerechnet die viel eher auf Ausgleich setzenden Flugbegleiter den mit acht Tagen längsten Streik der Unternehmensgeschichte ausrufen, wirft Fragen auf.

"Die UFO-Forderungen würden das System noch einmal um 25 Prozent verteuern": Bettina Volkens (Foto: dpa)

Vor allem die Frage, warum es so weit kommen konnte. In Gewerkschaftskreisen gibt es harte Vorwürfe, die sich direkt gegen Volkens richten und die über normale Scharmützel hinausgehen. Es geht dabei nicht um Inhalte. Konkret werfen ihr diejenigen, mit denen sie ihre Mitarbeiter oft hat verhandeln lassen, "retrograde Amnesie" vor. Sprich: Lufthansa gebe Zusagen, an die sich hinterher niemand mehr erinnern will - das Unternehmen bestreitet dies vehement. "Führungsschwäche" sei das Problem, Volkens lasse ihre Mitarbeiter hängen und setze sich im Vorstand nicht durch, sie kümmere sich um alles gleichzeitig und um nichts wirklich: "Wir wissen überhaupt nicht mehr, worauf wir uns verlassen können", so ein führender UFO-Funktionär. Volkens sagt: "Die UFO-Forderungen würden das System noch einmal um 25 Prozent verteuern." Mancher auf der Arbeitnehmerseite wünscht sich, dass Konzernchef Carsten Spohr endlich wieder einmal persönlich in den Konflikt eingreift und für klare Ansagen sorgt. Und sie sehnen sich fast nach Vorgänger Lauer, der einmal getroffene Verabredungen im Vorstand durchgeboxt habe.

Es läuft also gerade überhaupt nicht gut für die 52-Jährige in den Tarifverhandlungen. Und weil das schon eine Weile so ist, haben manche damit gerechnet, Spohr würde sie früher oder später abservieren. Das ist bisher aber nicht geschehen, der Lufthansa-Aufsichtsrat hat ihren Vertrag als Vorstand sogar gerade erst um fünf Jahre verlängert. Und der Posten ist mehr noch als in normalen Zeiten äußerst wichtig: Ob Lufthansa im Kerngeschäft wieder wettbewerbsfähig wird und wächst, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es Volkens gelingt, die Personalkosten zu senken.

Dass in der Zeit vor ihr keiner großen Druck verspürte, die Themen mit der aus heutiger Sicht nötigen Härte anzugehen, macht ihren Job noch undankbarer: Volkens muss nun alles auf einmal lösen, was die alten Hasen vor ihr nicht hinbekommen haben. Bisher ist sie, ob aus eigener Schuld oder nicht, den Beweis schuldig geblieben.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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