Nahaufnahme:Schnell die Welt retten

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"Ich reise mit dem öffentlichen Nahverkehr in allen Städten, in die ich komme." Nir Erez. (Foto: OH)

Nir Erez hat mit seiner Mobilitäts-App Moovit den Autokonzern BMW begeistert. Er will auch das Reisen im öffentlichen Nahverkehr für die Nutzer einfacher machen.

Von Caspar Busse

Nir Erez ist ständig in Bewegung, hier ein Termin, dann dort, er kommt dabei viel rum in der Welt. "Ich reise mit dem öffentlichen Nahverkehr in allen Städten, in die ich komme", sagt der 50-Jährige. Es ist für ihn auch ein Test für seine App. Gerade hat er versucht, von Berlin nach Potsdam zu kommen. Das war anfangs noch einfach, er ist in die S-Bahn gestiegen. Doch die Villa, in der er zu einer abendlichen Party eingeladen war, lag doch ziemlich abseits, wäre nur per längerem Marsch zu erreichen. So musste er zuletzt noch ein Taxi benutzen.

Der Physiker Erez stammt aus Tel Aviv, wirkt drahtig, macht Sport und läuft gerne, manchmal auch Marathon. Dabei hat er die besten Ideen, zum Beispiel vor vier Jahren. Da hat Erez mit zwei Partnern in Israel Moovit gegründet, es ist bereits sein drittes Unternehmen, zuvor war er im Halbleiter- und im Softwaregeschäft erfolgreich. Jetzt also Moovit: Die App gilt als eine der erfolgreichsten für den Nahverkehr. Sie soll den Nutzern helfen, schnell, bequem und kostengünstig von A nach B zu kommen, wo auch immer. Das Programm, das es bereits in 40 Sprachen gibt, führt Nahverkehrsdaten zusammen, von öffentlichen und privaten Bussen, U-Bahnen, Nahverkehrszügen, Taxis, Mitfahrgelegenheiten oder Carsharing-Angeboten.

Nicht immer ist es dabei einfach, an alle Daten zu kommen. Außerdem will Moovit die öffentlich verfügbaren Daten mit denen von privaten Anbietern und den Erfahrungen der Nutzer kombinieren, also mit der Intelligenz der Crowd. So soll es auch Infos über Staus, aktuelle Verspätungen oder Streckenänderungen geben. Weltweit gibt es bereits 60 000 lokale "Editors", die bei Moovit mitarbeiten. Am Ende soll die beste App entstehen, besser als etwa Google Maps, das lange die Spitzenposition innehatte. In Deutschland ist die App seit Herbst 2015 verfügbar. Aber hier funktioniere ja alles gut, wie in der Schweiz und in London auch, sagt Erez. In vielen westlichen Städten gebe es schon Verkehrs-Apps, wenn auch oft nur von einigen Nahverkehrsbetreibern. Der Bedarf an so einem Angebot in anderen Städten, in Asien oder Amerika zum Beispiel, sei dagegen sehr hoch. In Buenos Aires, Jakarta oder Istanbul gebe es Nahverkehr-Apps anders als in Deutschland bisher kaum. Und in vielen Städten herrsche einfach nur Chaos.

Erez hat ein großes Ziel. "Ich ändere die Welt für Millionen von Menschen", sagt er, er will sie besser und einfacher machen. Bescheidenheit ist nicht gerade sein Ding. Der Gründer ist heute der Chef von Moovit mit inzwischen 90 Mitarbeitern. Mehr als 85 Millionen Dollar hat er schon eingesammelt für seine Geschäftsidee, nicht nur von Schauspieler Ashton Kutcher, sondern auch von BMW. Für seinen neuen Partner, den Autohersteller aus München, hat Erez Lob parat. "Bei BMW versteht man, dass man sich an die Zukunft anpassen muss und dass sich die mobile Welt gerade schnell verändert." Aber auch andere arbeiten dran: Daimler hat ein Carsharing-Angebot, VW hat sich gerade am Fahrdienst Gett beteiligt, das Unternehmen stammt ebenfalls aus Israel.

Moovit soll für den Nutzer immer kostenlos bleiben, sagt Erez. Das Angebot finanziert sich durch Werbung und über Verträge, etwa mit Taxianbietern. Mit Uber kooperiert die App bereits in etwa 100 Städten. Auch Drive Now, das Carsharing-Angebote von BMW und Sixt, ist schon dabei. Derzeit funktioniert Moovit bereits in 6000 Städten, in jedem Monat kommen 45 bis 50 dazu, also fast alle 18 Stunden, wie Erez stolz berichtet. 40 Millionen Menschen nutzen die App, davon allerdings nur 100 000 in Deutschland. Erez träumt schon von 400 Millionen, Moovit soll überall präsent sein. "Das ist natürlich viel attraktiver, als die Firma zu verkaufen", sagt er und lacht.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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