Nahaufnahme:Neuer Schwede

Nahaufnahme: "Wir haben eine Menge spannender Dinge vor uns." Jesper Brodin.

"Wir haben eine Menge spannender Dinge vor uns." Jesper Brodin.

(Foto: H. Hakansson)

Jesper Brodin muss künftig als Chef von Ikea Umsatz machen. Er ist zum Nachfolger von Peter Agnefjäll berufen worden, dessen Einfluss zuletzt stark gestutzt worden war.

Von Helmut Martin-Jung

Zum Meer, das Jesper Brodin so liebt, wird er es von September an näher haben. Brodin, 48, der seit 1995 bei dem schwedischen Möbelkonzern Ikea arbeitet, wird dann ins niederländische Leiden umziehen. Dorthin also, wo der Teil von Ikea seinen Sitz hat, zu dem die Möbelhäuser gehören. Der Schwede Brodin gilt dann offiziell als Ikea-Chef; das Sagen aber haben eigentlich die drei Söhne von Firmengründer Ingvar Kamprad.

Peter, Mathias und Jonas Kamprad haben, gegen den Willen ihres Vaters, der sie zu Milliardären gemacht hat, den Konzern radikal umgebaut. Dass sich der bisherige Ikea-Chef Peter Agnefjäll nun ohne nähere Angabe von Gründen zurückzieht, dürfte auch damit zu tun haben, dass er schon seit vergangenem September bloß noch über ein viel kleineres Reich herrschte. Agnefjäll musste 43 Fabriken, die Hoheit über das Sortiment sowie über Einkauf und Logistik abgeben. Und nun also übernimmt Brodin diesen Teil von Ikea.

Brodin hatte einst als Einkäufer in Pakistan begonnen, dann war er in ganz Südostasien unterwegs, um für Ikea Waren zu beschaffen - was wichtig war für einen Konzern, der laut Firmenmotto gutes Design zu günstigen Preisen bieten will. Das hat er ziemlich gut gemacht, denn als er zurück ins idyllische Älmhult kam, die 16 000-Einwohner-Kleinstadt 400 Kilometer südwestlich von Stockholm, wo Ikea gegründet wurde, berief ihn Ingvar Kamprad zu seinem Assistenten.

Dass sich Kamprads Söhne mit ihrem Vater nicht einig waren, wie es weitergehen sollte bei Ikea, hielt sie offenbar nicht davon ab, dessen einstigen Vertrauten den ja doch noch ziemlich wichtigen Posten in dem überaus verschachtelten Ikea-Imperium anzuvertrauen. Eine der Problemzonen von Ikea ist der Onlinehandel. Nach den jüngsten Zahlen erwirtschaftet das Unternehmen mit dem gelb-blauen Logo damit nur vier Prozent seines Gesamtumsatzes. Das deutsche Versandhaus Otto setzt online ein Mehrfaches von Ikea um.

Aber einfach nur das, was man auch offline verkauft, nun auch online anzubieten, das ist Ikea zu wenig. Die Kamprad-Söhne, alle um die 50, wollen den Konzern viel stärker diversifizieren. Einiges haben sie schon bewegt. Im Londoner Stadtteil Stratford, bekannt als Einkaufsmeile, baut Ikea ein ganzes Viertel, in China Jugendherbergen. Und auch Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz beschäftigen den Konzern. Nicht nur, was die Optimierung der eigenen Produktion angeht, sondern auch bei den Produkten selbst.

Zu Brodins Aufgaben dagegen gehören 348 Läden, 45 Einkaufszentren und 140 000 Angestellte weltweit. Schon unter Agnefjälls knapp fünfjähriger Amtszeit baute Ikea seine Präsenz in China aus und unternahm erste Vorstöße nach Indien. Diese Strategie werde sich unter Brodin nicht ändern, teilte das Unternehmen mit. Im Gegenteil scheint Brodin mit seiner langjährigen Asien-Erfahrung genau der Richtige dafür zu sein. Außerdem, sagte Ikea-Aufsichtsratschef Lars-Johan Jarnheimer, habe Brodin ja schon in seiner jetzigen Rolle die neue Strategie wesentlich mitbestimmt. "Wir haben eine Menge spannender Dinge vor uns", sagt Brodin selbst dazu, "wir wachsen und sind heiß darauf, neue Märkte zu erobern".

Bis Ende des Jahres will Ikea in nahezu allen Märkten, in denen der Konzern aktiv ist, alle Handelskanäle bedienen - inklusive online. Ikea hatte zwar in den vergangenen Jahren die selbst gesteckten Ziele nicht ganz erreicht. Am Ziel, bis zum Jahr 2020 einen Jahresumsatz von 50 Milliarden Euro zu erreichen, hält der Konzern aber fest. Die Hoffnungen liegen dabei vor allem auf China und Indien. Agnefjäll: "Da gibt es noch viele weiße Flecken auf der Landkarte."

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