Nahaufnahme:Mission in Frankfurt

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Die Unternehmerin Orit Shifman hat einen Plan für das Auto der Zukunft. Sie reist im September nach Frankfurt zur Automesse IAA - für die Automanager hat sie ihre Botschaft im Gepäck.

Von Thomas Fromm

Wenn Orit Shifman Mitte September zur Automobilausstellung IAA nach Frankfurt reist, dann hat sie für die Automanager eine Botschaft im Gepäck, und die geht so: Jungs, so wie es bisher war, kann es nicht weitergehen. "Das Auto und seine Architektur müssen völlig neu gedacht werden", sagt die 41-Jährige. "Sie können auch nicht aus einem alten Telefon ein Smartphone machen."

Die israelische Unternehmerin hat vor sechs Jahren in der Schweiz ihr eigenes Unternehmen gegründet, es heißt OSR Enterprises und baut Software- und Hardware-Plattformen für vernetzte Autos. Automatisiertes Fahren, Infotainment, Navigation, Antriebs- und Anti-Hacking-Software, sogar Geschäfte, die über den Austausch von Daten laufen - für all das braucht man heute unzählige Funktionen und Geräte im Auto. Dabei könnte alles viel einfacher laufen, so Shifman, über eine einzige zentrale Einheit, die sich über künstliche Intelligenz ständig weiterentwickelt. Sie soll dafür sorgen, dass die Daten auch innerhalb des Wagens besser ausgetauscht werden und verhindern, dass Autos, die sich in diesen Jahren in rollende Rechenzentren verwandeln, am Ende auch wie solche aussehen. "Ich schaue auf die Welt und sehe immer mehr Menschen und immer weniger Platz", sagt die Unternehmerin. "Eine Konsequenz daraus ist Car-Sharing." Oder eben die Verkleinerung der Bord-IT.

Bei Shifman, die von sich sagt, dass sie gerne singt und komponiert und sich selbst eine "Technologie-Autodidaktin" nennt, liegen die Themen in der Familie: Ihr Urgroßvater war ein in Israel bekannter Mathematiker, Astronom und Maler; irgendwie, sagt sie, habe diese Mischung aus Wissenschaft und Kunst schon seit Generationen in ihrer Familie Tradition. Schon vor Jahren sei sie von Israel in die Schweiz gezogen, weil es sie dort "beruhige" und "inspiriere". "Hier habe ich meine besten Ideen." Zum Beispiel, wenn es um die Autos der Zukunft geht. OSR Enterprises beschäftigt heute an die 100 Ingenieure, die nicht zufällig an beiden Standorten angesiedelt sind: In der ruhigen Schweiz - und in der quirligen Start-up-Hochburg Israel. Seit Jahren schon arbeite sie an der Technologie einer zentralen IT-Steuerung im Auto, sagt Shifman. Jetzt sei endlich der Moment gekommen, das Labor zu verlassen.

Und nach Frankfurt zu fahren. Termine mit hochkarätigen Vertretern aus der Automobilindustrie sind gemacht, es wird wohl das, was man in der Branche eine Art "Road Show" nennt: Leute treffen, ihnen die Technologie anbieten, versuchen zu überzeugen - und im besten Fall dann: verkaufen. Am 12. September wird sie auf dem Panel einer Podiumsdiskussion sitzen, neben Vertretern von Ford, Google, Facebook und der Allianz.

Eine Newcomerin unter Alteingesessenen. Thema der Veranstaltung: Wie Digitalisierung die Welt der Mobilität verändert. Ein Punkt, den die Unternehmerin bei den Herstellern machen dürfte: Ihre Technologie soll nicht nur helfen, in mit Computern und Software vollgepackten Zukunftsautos Platz zu sparen. Mit einer zentralen Datensteuerung könnten sich die Autohersteller über kurz oder lang auch unabhängiger von den IT-Konzernen aus dem Silicon Valley machen - jenen Googles und Apples, die in der Mobilitätswelt von morgen die großen Profite wittern. IT und Blech aus einer Hand - für die Autoindustrie könnte dies ein verlockendes Angebot sein.

Erste Gespräche in der Branche verliefen anfangs noch so, berichtet Orit Shifman: "Der erste Autobauer, mit dem ich sprach, sagte: So etwas brauchen wir nicht, wir sind doch keine IT-Firma. Später kam er wieder und sagte: Ok, das brauche ich vielleicht doch." Wer am Ende was braucht - nach der IAA wird es Orit Shifman genauer wissen.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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