Nahaufnahme:MC Behämmert

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Stefan Raab spricht bei der Start-up-Konferenz Bits & Pretzels unterhaltsam wie eh und je über seine Fernsehkarriere. Die Misserfolge spart er dabei lieber aus.

Von Katharina Kutsche

Ein Sprichwort sagt, eine gute Rede solle das Thema erschöpfen, nicht den Zuhörer. Für eine Eröffnungsrede auf der Münchner Start-up-Konferenz Bits & Pretzels gilt hingegen: Sei lustig, erschöpfe beide, Thema und Zuhörer, mit Anekdötchen, und vor allem: Mach ihnen Lust aufs Unternehmersein. Im vergangenen Jahr übernahm Hollywood-Star Kevin Spacey jenen Job, am Wahlsonntag ist es nun der Entertainer Stefan Raab, der die Messe eröffnet.

Raab ist seit 2015 im Ruhestand. Nach rund 25 Jahren beim Privatfernsehen beendete er seine Karriere mit 49 Jahren und trat seitdem nur selten öffentlich auf. Die drei Gastgeber von Bits & Pretzels hätten ihn schon für die vorherige Konferenz angefragt, sagt er auf der Bühne. Mit Referenzen wie Spacey und Unternehmer Richard Branson hätten sie ihn locken wollen. Raab traute den großen Namen erst nicht,denn das sei ja öfter so bei Gründern, dass sie hochstapeln. "Sag ab, das sind Hirnis", habe er gedacht. Doch in seiner rund 45-minütigen Ansprache wird deutlich, dass auch das zeitweise omnipräsente Fernsehgesicht mit den gefühlt 52 Zähnen seinen Erfolg auf Hirni-Aktionen gründete.

Zum Beispiel um 1990, als sich der Metzgergeselle nach fünf Semestern Jurastudium entschied, Musikproduzent zu werden - ohne Noten lesen zu können oder auch nur eine Ausrüstung zu haben. Damals sei der amerikanische Rapper MC Hammer schwer angesagt gewesen, also habe Raab für einen Termin bei der Bank, um einen Kredit zu bekommen, ein eigenes Tape vorbereitet: Künstler-Name "MC Behämmert", Titellied "Ich bin behämmert". Leider habe sich der Bankangestellte, geschätzt Jahrgang 1930, nicht mit MC Hammer ausgekannt und den Kredit nicht gewährt. Raabs Fazit: "Geben Sie nicht zu viel auf Personen, die mehr Erfahrung haben als Sie." Erfahrung sei immer ein Status quo, ein Verwalten der Vergangenheit.

Letztlich habe er seine Karriere als Musikproduzent mit familiärer Unterstützung gestartet, "'Private Venture Capital' nennt man das wohl heute", witzelt Raab. Er komponierte zunächst Werbe-Jingles, etwa für Rügenwalder Teewurst, grob und fein. Eine Auswahl spielt er auf der Bühne in der Münchner Messe vor, sie klingen ähnlich wie "Wadde hadde dudde da?", das ist das Lied, mit dem Raab 2000 für Deutschland beim Eurovision Song Contest antrat und den fünften Platz holte.

Auf der Münchner Bühne müht sich Raab, seine TV-Meilensteine als unternehmerische Lernkurve zu illustrieren. Ein Live-Auftritt, bei dem er sich dem Voll-Playback verweigerte und drei Minuten zur Musik lächelte, führt zum Gründer-Tipp "Manchmal ist es ganz gut, nicht die Erwartungen zu erfüllen". Und eine Spiel-Idee, die ihm in seiner Wettkampf-Show "Schlag den Raab" so gut gefiel, dass er daraus ein eigenes Showformat entwickelte, das nur drei Monate später von Raabs Heimatsender Pro Sieben ausgestrahlt wurde, steht dafür, "den Enthusiasmus der ersten Stunde nicht zu verlieren".

Ein bisschen schief steht das alles schon. Raabs Erfahrung aus der Fernsehwelt mag groß sein, das hat er als Gründer der Produktionsgesellschaft Raab TV und bei der Entwicklung von Formaten wie der "Wok-WM" bewiesen. Doch als Raab sein Karriereende bekannt gab und so zig Aufträge wegfielen, entließ die Raab-TV-Muttergesellschaft Brainpool zügig bis zu 80 Mitarbeiter. Unternehmerische Verantwortung sollte anders aussehen. Und da Raab in seiner Rede ankündigte, er wolle über Misserfolge sprechen - "auch um mich mit Ihnen zu solidarisieren" -, wäre dieses Thema interessant gewesen. So bleibt am Ende ein Publikum, das zwar erschöpft vom Lachen ist, über das Unternehmersein jedoch nicht viel Neues erfahren hat. Aber lustig war's.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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