Nahaufnahme:In Bronze verewigt

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Der Erfinder von Indexfonds wurde dafür zunächst ausgelacht - heute sind sie Standard. Seine Mitarbeiter verewigten ihn in einer Bronzestatue.

Von Harald Freiberger

Wie John Bogle den jüngsten Erfolg seiner Erfindung aufgenommen hat, ist nicht überliefert. Er äußert sich nicht mehr so oft öffentlich wie früher. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste, vor wenigen Tagen feierte er seinen 88. Geburtstag. Aber ein Zitat, das er schon vor fünf Jahren der New York Times gab, ist immer noch aktuell: "Es ist alles wie ein Wunder, es ist wirklich schön, dass das noch in meiner Lebenszeit passiert."

Der Amerikaner ist der Erfinder von Indexfonds, einer der wichtigsten Neuerungen für Anleger nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Jahr 1975 führte er bei dem von ihm gegründeten Unternehmen Vanguard die Produkte ein, die einen Index abbilden, zum Beispiel den US-Aktienindex Dow Jones. Es braucht dafür keinen Fondsmanager, deshalb kosten sie für Anleger viel weniger als andere Investmentfonds.

Anfangs wurde Bogle für seine Erfindung noch ausgelacht. Er versuche nicht einmal, den Markt zu schlagen, lästerten sie in der Branche. Es dauerte eine Zeitlang, bis sich das änderte. Spätestens seit der Jahrtausendwende aber kennt der Erfolg kein Halten mehr. Nach jüngsten Daten haben Indexfonds die nächste magische Schwelle überwunden: Weltweit sind inzwischen vier Billionen Dollar in den neuartigen Finanzprodukten angelegt. Vor fünf Jahren war es gerade eine Billion. John Bogles Erfindung ist zum Standard der Finanzindustrie geworden.

"Firmen kommen und gehen", beschreibt er seine Investment-Philosophie. "Man kann drei oder vier herauspicken, doch es stellt sich die Frage, ob diese in Jahrzehnten noch hier sind, wenn man in Rente geht." Er nennt das Beispiel des einst so großartigen Fotokonzerns Kodak, der pleiteging. Da sei es doch besser, "alle großartigen und alle nicht so großartigen Unternehmen zusammenzukaufen". Wer etwa den breiten US-Aktienindex kaufe, wette nicht auf eine bestimmte Firma, sondern auf das Unternehmertum insgesamt. Dies reduziere das Risiko erheblich.

Bogle ist überzeugt, dass ein Fondsmanager den Markt auf lange Sicht nicht schlagen kann, weil er die Kosten nicht erwirtschaftet. Indexfonds kosteten vielleicht 0,05 Prozent Gebühr im Jahr, aktiv gemanagte Fonds fangen meist erst bei einem Prozent an, nicht selten sind es zwei Prozent. Bogle rät Anlegern, regelmäßig und langfristig zu investieren und die Börse nicht zu beobachten, weil dies nur zu einem typischen Fehler führe: bei hohen Kursen zu kaufen, bei niedrigen zu verkaufen. "Beim Investieren bekommt man das, wofür man nicht bezahlt", ist eine seiner Weisheiten, die er in zehn Büchern, meist Bestsellern, verbreitete. Das US-Wirtschaftsmagazin Fortune zählt ihn zu den vier "Giganten des 20. Jahrhunderts" in der Investmentbranche, neben Warren Buffett oder George Soros.

Bogle ist aber der Einzige, der in einer Bronzestatue verewigt ist - schon seit 20 Jahren, vor dem Firmensitz in Pennsylvania. Seine Leute gaben sie Mitte der 1990er-Jahre in Auftrag, als es aussah, als ginge es mit ihm zu Ende. Bogle war schwer herzkrank, er hatte sechs Infarkte erlitten. Eine Transplantation rettete ihn schließlich.

Obwohl Bogle sein Leben in der Welt des großen Geldes verbrachte, blieb er stets bescheiden. "Ich hasse es, Geld auszugeben", sagt er. Mittags isst er Brot mit Erdnussbutter und Marmelade, Luxusgüter lehnt er ab. Einen großen Teil seines Geldes hat er immer verschenkt, an Stiftungen und für karitative Zwecke. Sein Vermögen gibt er mit einem vergleichsweise bescheidenen zweistelligen Millionenbetrag an. Andere Star-Investoren seiner Kategorie sind Multi-Milliardäre. "Das Einzige, was ich in Zusammenhang mit Geld bedauere, ist, dass ich nicht mehr habe, um es herzugeben", sagte er einmal.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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