Nahaufnahme:Herr der Schulden

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"Die Schulden sind nicht bezahlbar." Alejandro García Padilla (Foto: Imago)

Puerto Rico ist ein Paradies mit grünem Dschungel, weißen Stränden - und einer schmerzhaften Finanzkrise. Sein Gouverneur, Alejandro García Padilla, versucht das Griechenland der Karibik durch die Pleite zu steuern. Gar nicht so einfach.

Von Kathrin Werner.

Puerto Rico liegt zwischen den Jungferninseln und der Dominikanischen Republik. Die Insel ist ein Paradies mit grünem Dschungel und weißen Stränden - und einer schmerzhaften Finanzkrise. Manche Ökonomen nennen sie das Griechenland der Karibik. Alejandro García Padilla, der Gouverneur, ist der Verwalter des Missstands, Herr über fast 73 Milliarden Dollar Schulden. "Selbst wenn wir die Steuern noch weiter erhöhen und unsere Ausgaben senken, ist die Last der Schulden so groß, dass es nichts lösen würde", sagt der 44-Jährige. Und fügt hinzu, was auf dem Festland lange niemand hören wollte: "Die Schulden sind nicht bezahlbar."

García Padilla will, dass seine Insel Insolvenz nach Chapter 9 des US-Konkursrechts anmelden darf. Das ist aber schwierig, weil Puerto Rico einen ungewöhnlichen Rechtsstatus hat - anders als zum Beispiel die Stadt Detroit, die Chapter 9 genutzt hat. Puerto Rico bräuchte zuerst eine Sondergenehmigung vom amerikanischen Kongress. Die Insel gehört seit dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 zu den USA. Sie ist zwar keiner der 50 Bundesstaaten, aber US-Territorium, eine Art Zwischenlösung mit vielen, aber nicht allen Rechten. Die Puerto Ricaner dürfen einen Gouverneur ins Parlament nach Washington schicken, aber er darf nicht abstimmen. Sie dürfen den Präsidenten nicht wählen, haben aber amerikanische Pässe. Und anders als zum Beispiel amerikanische Städte haben weder Puerto Rico noch die hoch verschuldeten Staatskonzerne die Möglichkeit, Insolvenz anzumelden.

Jetzt hat der 44-Jährige wichtige Unterstützer gefunden, die das Recht zum Pleitegehen fordern, zum Beispiel Hillary Clinton und New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo, der sich besonders für die Probleme der Insel interessiert, weil Hunderttausende Puerto Ricaner nach New York auswandern.

In seinem Land hat es García Padilla nicht leicht. Gleich nach seinem Amtsantritt Anfang 2013 hat der Politiker von der Demokratischen Partei eine strenge Sparpolitik durchgesetzt, Pensionen gekürzt und die Steuern leicht erhöht. Sein Volk würde ihn inzwischen gern loswerden. Als eine Gruppe Unzufriedener im Februar eine Online-Petition an das Weiße Haus in Washington geschickt hat, damit die Puerto Ricaner ein Verfahren bekommen, um ihren Gouverneur zu entlassen, kamen 105 049 Stimmen zusammen. Auf der Insel leben 3,5 Millionen Menschen - Tendenz fallend. Erfolg hatten die Volksabstimmler nicht.

Einst warb García Padilla damit, dass er der erste Gouverneur sei, der sein gesamtes Leben, auch seine gesamte Ausbildung, in Puerto Rico verbracht hat. Üblicherweise zieht die Elite der Insel spätestens zum Studium auf das Festland und kehrt dann mit einem Abschluss von Yale oder Harvard zurück. Wenn sie überhaupt zurückkommen, denn es gibt kaum Jobs auf der Insel. Dass García Padilla zum Jurastudium blieb, obwohl er hätte gehen können, werteten viele Landleute als Zeichen seiner Treue.

Doch was sie einst lobten, beklagen sie nun. Viele Menschen kritisieren, ihr Gouverneur sei nicht weltmännisch genug. Er spricht katastrophal Englisch. Bei seiner Anhörung vor dem Senat in Washington, bei der es darum ging, ob Puerto Rico ein eigener Bundesstaat werden sollte oder nicht, konnte man García Padilla kaum verstehen. Das Senats-Video verbreitete sich samt gehässigen Kommentaren im Internet. Er sei stolz auf seine ländlichen Wurzeln, verteidigte sich der Gouverneur, und dazu gehöre eben auch, dass sein Englisch nicht so gut sei. Außerdem, sagte er, sei es immer noch besser als das Spanisch der meisten Festlandamerikaner.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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