Nahaufnahme:Hahnenkampf

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"Es kann immer nur einen Bullen auf der Weide geben. Mein Vater hat sehr deutlich gezeigt, dass er das ist." Dirk Block. (Foto: oh)

Dirk Block, Sohn des Steakhaus-Gründers, war auf gutem Weg, im Betrieb des Vaters zu reüssieren. Dann kam es zum Krach. Nun hat Dirk eine neue Idee.

Von Angelika Slavik

Der Fotograf will ein Bild von den Grillhähnchen machen, aber das ist Dirk Block gar nicht recht. "Jetzt doch noch nicht!", sagt er. Es folgen wilde Gesten für den Fotografen. Fotos sind erst erwünscht, wenn die Grillhähnchen die richtige Farbe haben. "Man muss doch drauf achten, wie das dann rüberkommt", sagt Block. Das kann man, wenn man will, als Liebe zum Detail interpretieren. Oder als Nervosität.

Dirk Block, 40, eröffnet in diesen Tagen ein Restaurant in Hamburg. "Soho Chicken" heißt der Laden, man bekommt dort Grillhähnchen in allen denkbaren Portionsgrößen plus Beilagen. Außerdem Hühnerfrikassee, Burger mit Hühnerfleisch und, genau, Hühnersuppe. "Das Huhn wird häufig unterschätzt", sagt Block. "Ich mache es wieder salonfähig."

Block referiert nun ein bisschen über den offensichtlich recht komplexen gesellschaftlichen Status des Huhns in Deutschland. Einerseits würden die Deutschen nämlich eine ganze Menge Hühnerfleisch essen, gemessen an den konsumierten Mengen liege es sogar auf Platz zwei hinter Schweinefleisch. Andererseits, sagt Block, "geht man in Deutschland nicht aus, um explizit Hühnchen zu essen. Huhn läuft immer so nebenbei." Das sei schon mal anders gewesen, zu den besten Zeiten der Wienerwald-Kette Ende der Siebzigerjahre zum Beispiel. Doch als Wienerwald von einer Insolvenz in die nächste rutschte und die Läden fast vollständig aus den großen Städten verschwanden, hätten sich die Gewohnheiten verändert. Heute gingen die Menschen gerne zum Fischessen, zum Burgeressen, manche auch zum Muschelnessen. Nur an Hühnchen denke niemand. "Das ist doch schade", sagt Block.

Natürlich gehen viele Menschen auch gerne Steaks essen, das weiß Block ganz genau: Sein Vater ist der Gründer der Steakhaus-Kette Block House, Dirk ist der älteste Sohn. In solchen Unternehmen scheint die Karriere der Kinder oft vorgezeichnet und auch bei Block sah es lange so aus, als würde er das Lebenswerk des Vaters nach und nach übernehmen. Dirk Block selbst hat das auch gedacht. Er war schon ganz nach dran, er bekam die operative Verantwortung für die Steakhäuser. Der Austausch soll eng und mitunter hitzig gewesen sein, sogar die Farbe des Schriftzugs auf der Markise soll Gegenstand epischer Diskussionen zwischen Vater und Sohn gewesen sein, wurde berichtet. Im Sommer 2011 schmiss der Vater ihn aus der Firma. Block sagt: "Es kann immer nur einen Bullen auf der Weide geben. Mein Vater hat sehr deutlich gezeigt, dass er das ist."

Nach dieser Zäsur wurde Block junior Franchisenehmer der Kette L'Osteria, bald betreibt er vier dieser italienischen Restaurants im Norden Deutschlands. Das ist nett, aber ob er damit den machtbewussten Vater beeindruckt? Mittlerweile habe sich das Verhältnis der beiden wieder eingespielt, heißt es. "Wir sehen uns nicht oft, aber zu den großen Anlässen", sagt Dirk Block. Heute ist er immerhin Aufsichtsratschef der Block House Restaurantbetriebe, also jenes Teils des väterlichen Imperiums, das die Steakhäuser verantwortet. Das operative Geschäft der Gruppe steuern familienfremde Manager.

Soho Chicken ist nun Dirk Blocks Versuch, etwas wirklich Eigenes auf die Beine zu stellen. Zwei Jahre habe er an dem Konzept gefeilt, sagt er, und gut eine Million Euro investiert. Es wurde eigens ein Grill entwickelt, der möglichst viele Hühnchen gleichzeitig fertig bekommt, und ein dreistufiges Zubereitungsverfahren, das die Qualität sicherstellen und lange Wartezeiten verhindern soll. Wenn das Konzept aufgeht, soll der Laden in Hamburg der Auftakt zu einer neuen Kette sein, diese Ambitionen streitet er nicht ab: "Ich bin Systemgastronom, ganz klar." Nachsatz: "So habe ich es ja gelernt."

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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