Nahaufnahme:Erst Züge, nun Satelliten

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Der frühere Bombardier-Manager Lutz Bertling wird zum 1. April Vorstand des Raumfahrtkonzerns OHB.

Von Dieter Sürig

Lutz Bertling hat sich schon immer für Technik begeistert: Der studierte Maschinenbauer, der nach dem Abitur zunächst als Schweißer auf der Kieler Howaldtswerke-Werft gearbeitet hat, war fast vier Jahre bei der damaligen Airbus-Muttergesellschaft EADS für Kampfflugzeuge zuständig, 2003 wurde er Chef der Airbus-Hubschrauberfirma Eurocopter. Danach war er Präsident des Zugherstellers Bombardier Transportation in Berlin. Doch 2015 war damit Schluss, und es wurde still um ihn. Nun ist er wieder da: Bertling wird zum 1. April Vorstand des Bremer Raumfahrtkonzerns OHB SE. Nach Flugzeugen und Zügen nun also Satelliten. Für den 55-jährigen Bertling ist es eine logische Fortführung seiner Karriere: "Das Thema Raumfahrt begleitet mich durch frühere Tätigkeiten meines Vaters seit meiner Kindheit", sagt er. Bertling gehört zu der Generation, die von den Apollo-Mondlandungen geprägt wurde. Der Abschied von Bombardier war schmerzvoll.

Als sich der kanadische Konzern im Herbst 2015 entschied, die Bahnsparte zu 30 Prozent an die Pensionskasse von Québec zu verkaufen, um schnell 1,5 Milliarden Dollar zu kassieren, da waren Bertlings Pläne eines Börsengangs obsolet. "Da haben sich unterschiedliche Vorstellungen entwickelt", sagt er rückblickend. Wenig später verließ er das Unternehmen. Bis Ende 2017 war er noch an Bombardier gebunden, deswegen kann er erst jetzt bei einem anderen Unternehmen anheuern.

Bertling, der nicht nur eine Hubschrauberlizenz erworben hat, sondern auch ein begeisterter Segler ist, nutzte die unverhoffte Auszeit für ausgedehnte Törns, unter anderem überquerte er den Atlantik. Er war aber auch in anderer Mission unterwegs: "Ich habe mich sehr viel mit Start-ups und Digitalisierung beschäftigt", sagt er. Sein Ziel waren junge Firmen in Europa und den USA, insbesondere 3-D-Druck faszinierte ihn.

Als der dreifache Vater über die eigene Zukunft nachdachte, war ihm klar, dass er unternehmerisch tätig sein wollte. Deshalb habe er sich nicht bei einem Dax-Unternehmen beworben, sagt er augenzwinkernd. Er wollte lieber in einem wachsenden Familienunternehmen mit langfristiger Ausrichtung arbeiten. "Bei meiner Top drei stand OHB ganz oben, das ist es dann geworden. Was will man mehr?" Bertling ging auf die Eignerfamilie Fuchs zu und kam im richtigen Moment: Vorstand Fritz Merkle geht Ende Juni in den Ruhestand, und OHB (Umsatz 700 Millionen Euro) möchte mit Großprojekten und New-Space-Aktivitäten wachsen. Dazu gehört etwa der Bereich Life Science im Weltraum.

Bei Großprojekten kennt sich Bertling aus. Ob Tiger-Hubschrauber für die Bundeswehr oder ICE-Züge für die Bahn - "das habe ich rauf und runter gemacht". Er wird deshalb die Unternehmensentwicklung verantworten, die bisher zu Merkles Aufgaben gehört. "Ich werde mich auch auf Themen fokussieren, mit denen OHB sein Portfolio erweitern wird", sagt er. Dazu gehören raumfahrtnahe Dienstleistungen und die Digitalisierung. Bertling sieht dort große Chancen. "Raumfahrtgestützte Anwendungen werden durch die Digitalisierung stark wachsen, eine super spannende Geschichte." So spannend, dass sich Bertling auch an OHB beteiligen möchte.

Dass OHB entscheidungsschnell sei, wertet er als großen Vorteil in der dynamisch wachsenden Raumfahrtbranche, OHB habe da großes Potenzial. "Es gibt sehr klare gemeinsame Vorstellungen, und menschlich passt es hervorragend", sagt Bertling. Auch OHB-Chef Marco Fuchs freut sich auf die Verstärkung, weil Bertling "in der Führung weltweit tätiger Industrieunternehmen beeindruckende Erfolge vorzuweisen hat".

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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