Nahaufnahme:Er kriegt die Krise

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"Wie hoch ist das Pro-Kopf-Einkommen der Einwohner Ugandas? Ja oder Nein?" Arkas. (Foto: Arkas)

Der wichtigste Karikaturist des Landes gerät in der Griechenland-Krise zwischen die Fronten.

Von Hans von der Hagen

Auf einmal war Arkas weg. Genauer: Er bediente seine Facebook-Seite nicht mehr, auf der er sonst seine Karikaturen veröffentlicht. Arkas ist seit 1981 aktiv, seine Identität unbekannt, Interviews gibt er nicht. Er ist der Banksy Griechenlands. Anders als der Graffiti-Künstler in London ist Arkas aber geschäftstüchtig: Er veröffentlicht seine Karikaturen in der Tageszeitung Ethnos, zudem Comic-Bücher.

Arkas ist für Griechenland wichtig, weil er die Menschen beruhigen konnte, weil er jedem noch so ernsten Ereignis etwas Lächerliches abgewann. Darum wird Arkas dringend gebraucht, wenn die Welt mal wieder zusammenkracht. Doch dann ging er zu weit. Arkas kommentierte vergangene Woche die Verhandlungen mit den Kreditgebern sinngemäß so: "Ich vertraue der Regierung. Sie steht mit beiden Beinen in der Luft."

Die Kommentare der Regierungsanhänger auf Facebook waren wüst. Der Vorwurf: Die Zeitung würde Arkas dafür bezahlen, dass er die Regierung attackiere. Dabei wollte Arkas nie ein politischer Karikaturist sein, sondern eher etwas, das man Gesellschafts-Physiker nennen könnte. Er will die Mechanismen der Gesellschaft verständlich machen. Und jetzt sollte er mit der Tradition des Unpolitischen gebrochen haben? Einer linken oder rechten Seite zuzuordnen sein?

Eine Mitteilung erschien auf Facebook - vom Administrator der Arkas-Seite. Darin hieß es, dass in dem aktuell aggressiven Klima offenbar ein Bild falsch verstanden worden sei. Man sei eigentlich dagegen gewesen, dass Arkas sich wegen der bösen Kommentare zurückziehe, könne es aber auch verstehen, dass jemand wie er, der die Öffentlichkeit scheue, nicht auf diese Weise angegriffen werden wolle.

Da war dann wirklich Krise. In Windeseile verbreiteten sich die Hashtags #FreeArkas und #JeSuisArkas auf Twitter, der Regierungspartei Syriza wurde im Netz die Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgeworfen, und sogar der Name Stalin fiel. Erst als der Europa-Abgeordnete Dimitrios Papadimoulis von Syriza eilig versicherte, dass Arkas der Beste und die Anschuldigung schlimm sei, kehrte wieder Ruhe ein.

Dann meldete sich der Karikaturist auf Facebook wieder. Und zwar so: "In diesem Land ist es aktuell sehr gefährlich, zu den anderen zu gehören, wer auch immer die anderen sind."

Er veröffentlicht also wieder - und ist wieder politisch, wenn er sich zum Stimmzettel des Referendums äußert, das die Regierung abhalten lässt: "Wie hoch ist das Pro-Kopf-Einkommen der Einwohner Ugandas? Ja oder Nein?", fragt ein Mann in einer der Karikaturen. Eine Groteske - die sich aus Arkas' Sicht genauso wenig mit der einfachen Ankreuz-Logik beantworten lässt wie die Frage zum Referendum. Warum Uganda? Nun, hier in Griechenland steht Uganda für ein Land, in dem nicht wirklich etwas funktioniert.

Eigentlich aber ist Arkas nicht der Mann für Politik, sondern der für das große Ganze. Er ist bekannt dafür, sich nicht allein über einzelne Politiker, sondern eine Gesellschaft lustig zu machen: "Die Quallen haben 650 Millionen Jahre ohne Gehirn überlebt. Warum glaubt ihr, dass dieses Land keine Zukunft hat?"

Oder da sind die Comic-Charaktere wie der "Lebenslängliche", der so heißt, weil er sein ganzes Leben aus unbekannten Gründen im Gefängnis zubringen muss. Sein Wesen ist den Gitterstäben zum Trotz unerschütterlich positiv. Außerdem ist er auch nicht allein: Mit ihm lebt die Maus Monte Christo, die die Rolle des Zynikers übernimmt. Unlängst ließ Arkas den "Lebenslänglichen" auf dem Weg zum Schafott sagen: "Eines Tages werden wir alle darüber lachen."

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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