Nahaufnahme:Die Aufweckerin

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Gundula Roßbach ist die neue Chefin der Deutschen Rentenversicherung. Die 52-Jährige kennt sich nicht nur mit Rentenstatistiken aus, sondern auch mit Humor.

Von Thomas Öchsner

Wenn die Deutsche Rentenversicherung zu ihrem alljährlichen Seminar für Journalisten nach Würzburg einlädt, geht es normalerweise um viele mehr oder weniger spannende Zahlen. Vorträge werden Seite für Seite penibel genau abgelesen, ermatteten Beobachtern können dabei schon mal die Augen zufallen. Das muss allerdings nicht sein. So sieht es zumindest die neue Präsidentin der Bundesbehörde. Nach mehr als 125 Jahren führt in Gundula Roßbach, 52, erstmals eine Frau die staatliche Sozialversicherung. Und die kennt sich nicht nur mit Rentenstatistiken aus, sie hat auch Humor.

Roßbach gehört bereits seit mehr als zwei Jahren dem Direktorium der Rentenversicherung an. In Würzburg durfte sie deshalb schon im vergangenen Jahr sprechen. Es ging um "Prävention und Rehabilitation", eine eher spröde Materie. Die Juristin referierte aber nicht nur über chronische Krankheiten, die bewegungsfaule Menschen leichter ereilen. Sie zeigte dazu ein Bild von einer Frau, die vor ihrem Laptop sitzt - davor ihr Schäferhund, der sich auf einem Laufband abstrampelt.

Die neue oberste Rentenchefin löst Axel Reimann ab, der punktgenau mit 65 Jahren und fünf Monaten in den Ruhestand gegangen ist. Das Innenleben der Behörde mit ihren 60 000 Beschäftigten kennt sie schon bestens. Die Diplom-Verwaltungswirtin fing vor fast 20 Jahren in der ehemaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte an, stieg zur Leiterin der Prüfdienste auf, wurde Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg und rückte dann in die Topspitze der Sozialversicherung auf.

Roßbach, die wohl eher Managerin als Sozialpolitikerin ist, sieht sich selbst als "Teamplayer" mit einer Vorliebe für einen "partizipativen Führungsstil". Nur so lasse sich ein großes Haus wie die Rentenversicherung führen. "Als Einzelperson kann man wenig bewegen", sagt sie, die einer neuen Troika vorsteht: Ihre Nachfolgerin im Direktorium ist Brigitte Gross, 54, bislang Leiterin der Reha-Abteilung. Zum Jahresende soll der Chef der Berlin-Brandenburger Rentenkassen, Stephan Fasshauer, 43, die Führungsriege komplettieren.

Roßbach übernimmt das neue Amt in einer Phase, in der es der Rentenversicherung noch gut geht. Wegen des Job-Booms in Deutschland sind in die Rentenkasse so viele Beiträge wie noch nie geflossen. Der Beitrag von derzeit 18,7 Prozent dürfte genauso wie das Rentenniveau, das anzeigt, wie es um die Rente steht, zunächst stabil bleiben. Mittelfristig werden die Beiträge jedoch steigen, das Rentenniveau wird sinken. Im bevorstehenden Bundestagswahlkampf dürfte das Thema daher eine große Rolle spielen. Es geht um eine neue Mindestrente und die Frage, was die Bundesregierung für höhere Renten tun soll.

Roßbach weiß, "dass eine stabile gesetzliche Rentenversicherung einen besonderen Wert für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland hat". Ziel der nächsten Reformen müsse es deshalb sein, "dass der Beitragssatz langfristig in tragbaren Grenzen bleibt und die Höhe der Absicherung auf einem akzeptablen Niveau". Außerdem müsse es um die Frage gehen, "wie wir Altersarmut auch künftig weitgehend vermeiden können".

Ob Roßbach es dabei in der nächsten Legislaturperiode weiterhin mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zu tun haben wird, ist offen. Nahles und Roßbach haben sich mehrmals getroffen, und sie kommen offenbar gut miteinander aus - was zwischen früheren Rentenchefs und Arbeitsministern nicht immer der Fall war. Die neue oberste Rentenchefin jedenfalls sagt über Nahles: "Ich habe sie als sehr offen und zugewandt erlebt, und als jemanden, der sich in der Rentenmaterie gut auskennt."

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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