Nahaufnahme:Der Elektro-Imperator

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"Der Trend ist Software, das Internet. Hardware hingegen ist ein harter Job." Terry Gou (Foto: N/A)

Foxconn-Chef Terry Gou will ins Energiegeschäft einsteigen. Dazu will er zunächst den fast bankrotten japanischen Elektronikkonzern Sharp übernehmen.

Von Christoph Neidhart

Terry Gou herrscht über 1,3 Millionen Menschen in einem Dutzend Länder. Nun will er sein Imperium um 50 000 Untertanen erweitern: Der Gründer und Chef von Hon Hai will Sharp übernehmen, den de facto bankrotten japanischen Elektronikkonzern. Hon Hai stellt Elektronik her und beliefert große Unternehmen wie Apple. Besser bekannt ist Hon Hai unter dem Namen Foxconn.

Der 65-Jährige hat klein angefangen. Als Polizistensohn aus Taipeh verkörpert er die taiwanische Legende vom Arbeiter an der Walze zu einem der reichsten Menschen der Welt wie kaum ein anderer. Mit 24 Jahren gründete er 1974 mithilfe von 7500 Dollar ein Start-up. Damals arbeiteten zehn Leute für ihn und stellten Plastikteile für Fernseher her. Heute betreibt er auf fünf Kontinenten etwa 40 Fabriken. Und erholt sich zwischendurch auf seinem Schloss in Mittelböhmen.

Der Aufschwung Taiwans, damals eine Militärdiktatur, begann mit solchen Plastikteilen. In zwei Jahrzehnten verwandelte sich die Insel in ein "silicon island". Die Smart Kids aus Kalifornien ließen ihre Internet-Träume in Taiwans Fabriken in Hardware gießen und zu Beginn vor allem zusammenbauen. Heute stehen die meisten IT-Fabriken in China, Vietnam, Malaysia und auf den Philippinen - und in Osteuropa. In Gous größtem Werk, Foxconn City im südchinesischen Shenzhen, bauen 200 000 Arbeiter Geräte für alle großen Computer- und Smartphone-Marken zusammen. Insbesondere die iPhones und iPads von Apple.

Zuhause in Taiwan dagegen konstruieren die IT-Firmen ihre Innovationen inzwischen selbst, Foxconn ist längst nicht mehr nur ein Auftragshersteller, sondern immer öfter Lizenznehmer. Nokia zum Beispiel überlässt Foxconn für sein erstes Android-Tablet auch das Marketing und den Vertrieb.

Gou mag große Worte und schnelle Reaktionen, er ist der Konkurrenz oft zwei Schritte voraus. Internet und Software seien der Trend, "Hardware ist ein harter Job", sagt Gou - eben keine Branche, in der viele überleben. Weil die Margen auf Computer, Fernseher und Smartphones stetig zurückgingen, wie er glaubt, sucht er nach neuen Geschäftsbereichen, etwa im Energiesektor. Daraus erklärt sich sein Interesse an Sharp, im Joint-Venture baut er mit der Firma aus Osaka bereits LCD-Anzeigen.

Bei seinen eher seltenen öffentlichen Auftritten gibt sich Gou locker und witzig. Als Chef hat er den Ruf, hart und rücksichtslos zu sein. Auf Youtube findet sich eine Episode, auf der er zwei Arbeiter fristlos entlässt; sie hatten sich beschwert als er sie aufforderte, nicht zu rauchen. Vor einigen Jahren berichtete die Presse über zahlreiche Selbstmorde in Foxconn City; Gous Verteidiger hielten Kritikern entgegen, die Selbstmordrate im Werk sei nur halb so hoch wie jene in der chinesischen Gesamtbevölkerung. Gou ließ an den Wohnkasernen für seine Arbeiter Netze montieren, die Menschen auffangen sollten, falls sie sich in die Tiefe stürzten. Außerdem erhöhte er die Löhne. Er sagt von sich selbst, er möge es, Menschen zu führen.

Insider halten die Sharp-Übernahme für ein Pokerspiel. Die Traditionsfirma hat sich als reformunfähig erwiesen. Dennoch glaubt Gou, der Deal sei ausgehandelt. Er ist bereit, 5,3 Milliarden Euro für die Firma zu zahlen, die meisten Stellen und die Marke zu erhalten. Dagegen verblasst das Gegengebot einer Auffanggesellschaft des japanischen Staates. Doch die Politik übt Druck aus: Sharp müsse japanisch bleiben. Medien berichten, zwei Sharp-Aufsichtsräten werde das Stimmrecht für die Entscheidung entzogen, als Verwalter von Anlage-Fonds seien sie parteiisch: zugunsten von Gou.

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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