Nahaufnahme:Der Bruder übernimmt

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Karl-Erivan Haub gilt seit dem 7. April in den Schweizer Bergen als vermisst. Nun wird Christian Haub alleiniger Geschäftsführer von Tengelmann.

Von Michael Kläsgen

Christian Haub hat die alleinige Geschäftsführung des Handelskonzerns Tengelmann übernommen. Sein Bruder Karl- Erivan Haub wird seit dem 7. April in den Schweizer Bergen vermisst. Der 53 Jahre alte Christian ist der jüngste von drei Söhnen des Mitte März mit 85 Jahren verstorbenen Erivan Haub. Christian Haub wird zudem persönlich haftender Gesellschafter und damit Eigentümer der 151 Jahre alten Unternehmensgruppe, die seit fünf Generationen in Familienhand ist. 2016 erwirtschaftete die Gruppe einen Jahresumsatz von neun Milliarden Euro. Zu ihr gehören die Einzelhandelsketten Obi, Kik, Tedi oder babymarkt.de und Dutzende Beteiligungen an Start-ups wie Delivery Hero und Westwing oder auch am Lebensmitteldiscounter Netto. Die Haubs sollen Schätzungen zufolge zu den hundert reichsten Familien der Welt zählen.

Christian Haub wurde wie sein Bruder Karl-Erivan in den USA geboren und lebt im Moment mit seiner Frau und seinen vier Kindern noch dort. Er war zwar seit Juni 2000 offiziell gemeinsam mit seinem Bruder Co-Geschäftsführer für die gesamte Gruppe. Tatsächlich managte er aber im Wesentlichen das Handels-, Immobilien- und Investitionsgeschäft der Familie in den USA. Er leitete beispielsweise die US-Supermarktkette A&P, die 2010 Gläubigerschutz beantragen musste. Die Haubs zogen sich nach dem Ende des Planinsolvenzverfahrens aus dem Geschäft zurück.

Von Greenwich im US-Bundesstaat Connecticut aus verwaltete er das Privatvermögen der Familie und investierte über die Beteiligungsfirma Emil Capital Partners in Start-ups in den USA, Kanada und Israel. Er investierte beispielsweise in den Premium-Schokoladenhersteller Tcho und in einen Spezialisten für Dosierpumpen-Systeme, die unter anderem in der Kosmetik- oder der Pharmaindustrie eingesetzt werden. Zuvor war Haub im Bereich Investment Banking, Wagniskapital und Firmenübernahmen tätig.

Am Mittwoch trat der neue Tengelmann-Chef Befürchtungen entgegen, er würde die Gruppe in Richtung einer reinen Beteiligungsholding steuern, die kaum mehr etwas mit dem tagtäglichen Einzelhandelsgeschäft zu tun hätte. "Im Herzen sind wir Händler, und wir werden immer unternehmerisch und operativ tätig bleiben. Eine reine Verwaltung von Vermögen und Beteiligungen kann ich mir nicht vorstellen", sagte Haub laut Pressemitteilung.

Er unterstrich zudem, an dem Plan festhalten zu wollen, in einigen Jahren Vertreter der nächsten Unternehmergeneration ins Unternehmen eintreten zu lassen. Damit meinte er in erster Linie die Zwillinge von Karl-Erivan Haub, ein Sohn und eine Tochter, die mit Anfang 20 noch für zu jung erachtet werden, die Geschicke des gesamten Unternehmens zu verantworten. "Zu gegebener Zeit" solle "die junge Generation in den Dienst des Familienunternehmens" gestellt werden. Haub versprach Kontinuität in jeglicher Hinsicht. Ziel sei es, das Unternehmen "in einem guten Zustand an die nächste Generation zu übergeben".

Der Verlust des älteren Bruders sei für die Familie eine Tragödie, betonte Haub. Aber sie gefährde nicht den Weiterbestand des Unternehmens. In den vergangenen Jahren hätten er und sein Bruder, der Herausforderungen geliebt habe, intensiv zusammengearbeitet. Gemeinsam hätten sie das Unternehmen durch einen umfassenden Transformationsprozess geführt. "Es ist nunmehr grundsolide und zukunftsfähig aufgestellt." Für ihn persönlich sei "das gemeinsame Verständnis und der stets offene Austausch, vor allem zu strategischen Themen, wesentlicher Kern unseres engen Miteinanders" gewesen. Das werde er neben dem persönlichen Verlust am meisten vermissen.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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