Nahaufnahme:Das Geschäft mit der  Maske

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Gruselkostüme sind nur wenige Wochen im Jahr gefragt. In dieser Zeit decken Pop-up-Stores die Nachfrage. (Foto: Mario Anzuoni/Reuters)

Der amerikanische Unternehmer Joe Marver gilt als Erfinder der Pop-up-Stores.

Von Jürgen Schmieder

Die Amerikaner haben sich wieder ordentlich verkleidet an Halloween. Ersten Schätzungen zufolge haben mehr als neun Milliarden Dollar für Kostüme und Dekorationen ausgegeben: Der Basketballstar Stephen Curry etwa radelte als Serienmörder Jigsaw zu einem Spiel der Golden State Warriors in die Arena in Oakland, die Schauspielerin Kristen Bell erschien als Königin Elsa aus dem Film "Frozen" zu einer Party in Hollywood. Ebenfalls beliebt: Superhelden wie Thor und Wonder Woman, der Killerclown Pennywise auf dem Film "It" und die Kinder aus der TV-Serie "Stranger Things".

Wer allerdings glaubt, dass die Amerikaner ihre Kostüme - wie so viele andere Dinge heutzutage - ganz einfach im Internet bestellen, der irrt gewaltig: Der Feiertag Ende Oktober gilt in den Staaten als Freudentag für den stationären Einzelhandel, weil ein kreatives Kostüm anprobiert und gegebenenfalls angepasst werden muss und so ein Halloween-Laden grandiose Inspiration für alle Unentschlossenen bietet. Die Kostümkette Spirit Halloween etwa hat in diesem Jahr mehr als 1300 Läden in den Vereinigten Staaten und Kanada für 90 Tage gemietet, das Unternehmen gilt ohnehin als Erfinder der Pop-up-Stores. So werden Läden genannt, die nur kurze Zeit aufgrund eines Ereignisses oder Trends geöffnet haben und dann wieder schließen - wie etwa Trachtengeschäfte in München zur Wiesn-Zeit.

Firmengründer Joe Marver erkannte bereits im Jahr 1983, dass der Bedarf an gruseligen Kostümen, Schminke und allerhand Deko in den zwei Monaten vor Halloween wahnwitzig hoch ist, an den restlichen 300 Tagen im Jahr jedoch gleich Null. Also mietete er in der Castro Valley Mall einen Laden für drei Monate und bot dort seine Halloween-Sachen feil. Den Rest des Jahres verkaufte er Kostüme bei Bedarf aus einem Warenhaus in Kalifornien. Marver, der sich nur selten in der Öffentlichkeit zeigt, expandierte zunächst an der Westküste und eröffnete dort 60 Läden. Bis zum Verkauf an das auf Geschenke und Scherzartikel spezialisierte Unternehmen Spencer 1999 stieg der Umsatz mit Kostümen auf 8,4 Milliarden Dollar pro Jahr.

"Wir haben nicht den befristeten Verkauf erfunden, aber vielleicht das befristete Halloween", sagt Spirit-Halloween-Chef Steven Silverstein: "Die Größe des Ladens ist für uns gar nicht mal so wichtig." Das Unternehmen habe in diesem Jahr Geschäfte mit einer Verkaufsfläche zwischen 300 und 4500 Quadratmetern angemietet: "Wichtiger ist der richtige Standort. Die Leute müssen uns leicht finden können, weil sie mit dem Auto ohnehin daran vorbei fahren oder in dieser Gegend wohnen." Spirit Halloween profitiert freilich davon, dass aufgrund der Krise des Einzelhandels zahlreiche Filet-Flächen in Einkaufszentren und Ladenzeilen leer stehen und sich deren Besitzer über die Kurzzeitmieter freuen: "Wir hatten in diesem Jahr das Glück, in vielen Premium-Einkaufszentren einen Platz zu finden."

Den Rest des Jahres betreibt Spirit Halloween einen Online-Shop, das Unternehmen kann - anders als Verkäufer von Handys etwa - viele Kostüme wie die von Superhelden oder Monstern über mehrere Jahre hinweg verkaufen. Das haben mittlerweile auch die Konkurrenten erkannt, die das Konzept der Pop-up-Stores noch weiter treiben. Halloween Adventure etwa mietet seine Verkaufsflächen für sechs Monate und verkauft darin nach Halloween Weihnachtsgeschenke wie Rentier-Pullis und Spielzeug. Fehlt nur noch eine Idee für die Zeit von Januar bis Juli.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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