Nahaufnahme:#DaistScholz

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Für Griechenland werde es noch was „Kleines“ geben, beantwortet Finanzminister Olaf Scholz die Frage nach Finanzhilfen für die Regierung in Athen. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Der Bundesfinanzminister besucht den Haushaltsausschuss. Tatsächlich wurde so heftig auf sein Erscheinen gedrängt, dass er keine Wahl hatte.

Von Cerstin Gammelin

Man kann sich ja was Lustigeres vorstellen, als den Vorabend eines runden Geburtstages mit technischen Debatten über Griechenland, den Euro oder Geld generell zu verbringen. Wenn man nicht gerade Bundesfinanzminister ist und ganz dringend im Haushaltsausschuss des Bundestages erwartet wird, dem wichtigsten Ausschuss des Parlaments. Es ist zwar nicht überliefert, ob Olaf Scholz am Mittwoch bei seiner Fahrt in den Bundestag an seine Chefin gedacht hat. Angela Merkel verwendet ja gerne das Wort alternativlos. Tatsächlich hatten die Haushälter im Parlament so heftig auf das Erscheinen des Ministers und Vizekanzlers von der SPD gedrängt, dass Scholz keine Wahl hatte. Im Netz verbreitete sich im Nu der Hashtag #WoistScholz.

Nun blieb der Gesuchte mehr als zwei Stunden bei den Abgeordneten. Sehr gut sei es gelaufen, fanden jedenfalls seine Leute. Man habe ihn freundlich zurückhaltend erlebt, hieß es unter den Abgeordneten. Wobei gerade langgediente Abgeordnete staunten. Anders als der Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU), der stets mit Vehemenz geredet habe, beschränkte sich Scholz auf zurückhaltende, allgemeine Erklärungen. Man wisse jetzt nicht, hieß es am Donnerstag, ob der Minister tatsächlich noch keine Entscheidungen gefällt habe, etwa über die nötigen Reformen der Euro-Zone oder die Schuldenerleichterungen für Griechenland. Oder ob die vagen Ausführungen nicht taktischen Überlegungen geschuldet waren.

Hintergrund ist ein Streit zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Abgeordneten der Opposition von Grünen und Freien Demokraten. Sie fordern, dass Scholz ihnen alle Dokumente zu europäischen Vorhaben zuleiten müsse. Was bisher nicht passiert. Der Streit erreicht einen vorläufigen Höhepunkt, als die Abgeordneten trotz der schriftlichen Aufforderung an den Minister, in den Ausschuss zu kommen, um über die Reform der Währungsunion zu sprechen, seine Pläne der Presse entnehmen mussten. "Nicht hinnehmbar", sei das, sagte Sven-Christian Kindler, Haushaltsexperte der Grünen. Im Gespräch mit dem Spiegel hatte Scholz ausgeführt, dass er einen Europäischen Währungsfonds entwickeln und einen gemeinsamen Geldtopf gegen Arbeitslosigkeit einführen wolle. "Ich bin dafür, die nationalen Systeme der Arbeitslosenversicherungen zu ergänzen um eine Rückversicherung für die gesamte Euro-Zone."

Das Erstaunen war dann am Mittwoch groß, als der Minister erklärte, dass seine Überlegungen zur Arbeitslosenversicherungen wie allen anderen europäischen Vorhaben nicht abgeschlossen seien. Er denke "jeden Tag" darüber nach, sagt Scholz nach Angaben von Teilnehmern, es finde "ein Prozess der Politikentwicklung" statt. Ähnliches gelte für Griechenland und möglichen Finanzhilfen. Es werde "noch was Kleines" geben, notiert sich ein Teilnehmer die Antwort des Ministers. Werde der Internationale Währungsfonds einen Kredit geben? Man verhandele. Und das Budget für die Euro-Zone, soll das in den EU-Haushalt eingebettet oder außerhalb eingestellt werden? Im Moment sei die Tendenz innerhalb. Aber er könne außerhalb nicht ausschließen.

Dass Scholz noch überhaupt keine Entscheidungen getroffen haben will, können viele nicht glauben. Man geht vielmehr davon aus, dass der Minister es hinausschieben will, der Opposition die eingeforderten Dokumente bereitzustellen. Einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zufolge muss die Regierung die Unterlagen herausgeben und das Parlament informieren, wenn die Meinungsbildung abgeschlossen ist. Wenn aber Scholz sagt, es sei "noch nichts entschieden", besteht diese Pflicht freilich nicht.

© SZ vom 15.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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