Messe "High End":Auf der Suche nach dem guten Sound

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Einmal jährlich präsentiert die High End Messe in München die hochwertigsten neuen Audiogeräte. (Archivbild) (Foto: Stephan Rumpf)

Chromglänzende Plattenspieler-Altäre und auf alt gemachte Mega-Boxen: Die Audio-Messe "High End" zeigt in München die Neuerungen der Branche. Guter Sound wird für viele immer wichtiger. Doch der Handel hinkt hinterher.

Von Helmut Martin-Jung

Das ist aber mal richtig retro hier. Die mehr als mannshohen Lautsprecher-Ungetüme mit ihren schneckenförmig gewundenen Klangkanälen aus mattschwarz gestrichenem Holz sind an den Ecken abgestoßen und auch sonst ordentlich verkratzt. Aber spaziert man durch die Ausstellungshallen und die Vorführräume der Audio-Messe High End, wundert einen ohnehin bald nichts mehr.

Hier im Münchner MOC gibt es chromglänzende Plattenspieler-Altäre zum Preis von Mittelklasse-Autos, gibt es skulpturenartig gestaltete Lautsprecher, die sich fast ein wenig zu offensichtlich um einen Platz im Museum of Modern Art bewerben, findet man spiegelnd lackierte Totenschädel, die als Lautsprecher dienen. Warum also nicht auch auf alt gemachte Mega-Boxen für das etwas größere Wohnzimmer?

Sie klingen jedenfalls phantastisch, die schwarzen Kisten. Der Klangeindruck könnte sogar noch etwas besser sein, erklärt der Vorführer: Wäre der Raum noch etwas größer, würden auch die Reflexionen von der Decke wieder richtig unten ankommen. Für große Räume waren sie nämlich konzipiert von den Ingenieuren der amerikanischen Firma Western Electric. Genauer gesagt für Kinos. Sie wurden mit dem Aufkommen des Tonfilms konstruiert und gebaut und zwar - 1926.

Etwas Besseres als billig zusammengeschusterte Kompaktanlagen

Guter Sound, das kann man aus diesem Beispiel lernen, ist also keine Erfindung des heutigen, von Messdaten und Kennziffern geprägten Digital-Zeitalters. Was es damals allerdings nicht gab, war die Möglichkeit, über die Telefonleitung oder das heimische Netzwerk auf Tonaufnahmen guter Qualität zuzugreifen. Auch wenn viele Freunde des Wohlklangs noch immer auf Vinylplatten und Röhrenverstärker schwören, erobert sich die digitale Technik doch immer mehr Raum auch im sehr schmalen Segment der hochwertigen Audio-Geräte.

Doch die Branche kämpft mit einem Problem. Auf der einen Seite gibt es eine kleine, aber wachsende Zahl von Menschen, die nach etwas Besserem suchen als billig und lieblos zusammengeschusterte Kompaktanlagen. Und die spezielle Fragen haben, etwa zur Vernetzung ihrer Audio-Hardware. Aber wer Antworten darauf sucht, dem wird eher in Internet-Foren geholfen als im Fachhandel. Denn die großen Ketten haben sich weitgehend verabschiedet von diesem Segment, wie die Initiatoren der Smart Audio Alliance beklagen. Der Zusammenschluss, gegründet von Audioherstellern und Fachzeitschriften und vorgestellt auf der High End, hat sich zum Ziel gesetzt, mit Schulungen die Beratungskompetenz des Fachhandels zu erhöhen.

Das haben die Besucher am ersten Tag der High End, der dem Fachpublikum vorbehalten ist, nicht nötig. Obwohl die Messe kräftig wächst - allein im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich in diesem Jahr 25 Prozent mehr Firmen - ist die Gesamtzahl mit 452 Ausstellern doch überschaubar. Man kennt sich, fachsimpelt miteinander und tauscht sich aus. Das inzwischen bedeutendste Treffen der Branche weltweit bietet nicht nur die seltene Gelegenheit, eine Vielzahl hochwertiger Anlagen Probe zu hören, sondern auch die Menschen kennenzulernen, die dahinter stehen.

"Es geht immer um Menschen", sagt auch Ken Ishiwata. Der Japaner, der seit Ende der Sechzigerjahre in Europa lebt, gilt als eine Legende des Sounddesigns. Gefragt, wie es denn sein kann, dass Aufnahmen aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren noch heute so phantastisch klingen, ist genau das seine Antwort. "Die Ingenieure damals wussten, wie man Mikrofone platziert und solche Dinge", sagt er, "dieses Basiswissen ist inzwischen verloren gegangen." Was nicht heißt, dass es heute überhaupt keine guten Aufnahmen mehr gibt. "Es funktioniert immer dann gut, wenn die Musiker auf guten Sound Wert legen und mit den Toningenieuren gut zusammenarbeiten."

Aber was ist das überhaupt, guter Sound? "Das ist subjektiv", sagt der Sound-Tüftler, "ich streite mich darüber nicht". Wichtig ist ihm die räumliche Trennung und - ganz besonders - die Harmonie. Nur auf gute und teure Bauteile zu setzen, reiche nicht: "Das ist wie beim Fußball, wenn man nur die besten Einzelspieler zusammenkauft, wird das noch lange keine gute Mannschaft."

Ishiwata hofft, dass auch junge Menschen, die mit CDs und deren limitierter Qualität und den oft noch viel schlechteren komprimierten Audio-Formaten aufgewachsen sind, durch die zunehmende Anzahl qualitativ hochwertiger Internet-Musikdienste ein Bewusstsein für besseren Klang entwickeln. Hoffnung dafür gibt es, denn das Segment der teuren Kopfhörer wächst immens. Deren überlegene Klangwiedergabe aber entlarvt die Sünden der Klangverhunzer ohne Gnade.

© SZ vom 17.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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