Manager-Gehälter:Dax-Chefs verdienen immer mehr Millionen

Manager-Gehälter: Die fünf Dax-Manager an der Spitze der Gehaltspyramide von links nach rechts: Bill McDermott (SAP), Dieter Zetsche (Daimler), Bernd Scheifele (Heidelberg-Cement), Frank Appel (Deutsche Post) und Joe Kaeser (Siemens).

Die fünf Dax-Manager an der Spitze der Gehaltspyramide von links nach rechts: Bill McDermott (SAP), Dieter Zetsche (Daimler), Bernd Scheifele (Heidelberg-Cement), Frank Appel (Deutsche Post) und Joe Kaeser (Siemens).

(Foto: SZ-Grafik)
  • Die Gehälter der Top-Manager in Deutschland sind 2016 auf Rekordhöhe gestiegen. Das geht aus Berechnungen der Unternehmensberatung hkp Group hervor.
  • Martin Schulz hat die Bezüge der Dax-Chefs zum Wahlkampfthema gemacht - einen Plan, diese zu verringern, hat aber bislang keine Partei vorlegen können.

Von Karl-Heinz Büschemann

Bill McDermott weiß nicht, was er im vergangenen Jahr verdient hat. Das erfährt der Chef des deutschen Software-Konzerns SAP erst in vier Jahren. Bislang steht nur fest, dass der Amerikaner an der SAP-Spitze unter den 30 Dax-Chefs mit etwa 15,33 Millionen Euro der Bestverdiener war. Es kann aber sein, dass noch etwas dazukommt, und er am Ende 40 Millionen Euro verdiente. Das weiß man erst, wenn auch die langfristigen Kriterien für seine Erfolgsbeteiligung überprüft sind.

Der 55-Jährige kann froh sein, dass die genaue Höhe seines Salärs noch unbekannt ist. Wäre es anders, hätte er wahrscheinlich eine neue Wutdebatte über die maßlosen Gehälter der Top-Manager ausgelöst, die vor allem auf die Bezahlungsexzesse bei Volkswagen oder der Deutschen Bank reagierte. SAP scheint von der Debatte unberührt zu sein. "Die Gehaltspolitik von SAP passt nicht in die deutsche Vergütungslandschaft", urteilt der Gehaltsexperte Heinz Evers. "Die scheren sich offensichtlich nicht um deutsche Usancen."

Die Kritiker der Gehälter haben auch ohne McDermott jede Menge Gründe, die hohen Bezüge der Chefs zu beklagen. Die sind nach den Berechnungen der Frankfurter Unternehmensberatung hkp Group 2016 um 15 Prozent gestiegen. Michael Kramarsch von hkp spricht von einem "Rekordjahr".

Dabei sollte es ruhiger werden um die Manager-Bezüge. Erst im Februar hatte VW mitgeteilt, in Zukunft wolle der Konzern das Gehalt des Chefs bei zehn Millionen Euro deckeln. Fast alle politischen Parteien wollen inzwischen eine Dämpfung der Bezüge. Auch der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert eine neue Bescheidenheit in der Wirtschaft. Es dürfe nicht nach Regeln entschieden werden, "die von den Menschen als unanständig empfunden werden".

Die SPD betreibt ein Gesetz, dass es den Unternehmen künftig unmöglich machen soll, Manager-Gehälter oberhalb vom 500 000 Euro im Jahr von der Steuer abzusetzen. Die CDU dagegen will die Entscheidungen über die Manager-Gehälter in Zukunft nicht mehr vom Aufsichtsrat fällen lassen, sondern von den Aktionären in der Hauptversammlung.

Manager-Gehälter sind also zum Wahlkampfthema geworden: "Wenn ein Manager 200-mal so viel verdient wie ein Angestellter, verletzt das das Gerechtigkeitsgefühl der Leute", schimpft der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Und: "Da ist etwas aus dem Ruder gelaufen." Auch Vertreter der Wirtschaft sind irritiert über manche Gehaltsauswüchse. "Mein Bauchgefühl sagt mir, dass 16 Millionen Euro zu viel sind", urteilte Manfred Gentz, früherer Daimler-Finanzchef und gerade ausgeschiedener Vorsitzende der Corporate-Governance-Kommission für gute Unternehmensführung über das Gehalt des Ex-VW-Chefs Martin Winterkorn. Die Debatte über die Manager-Gehälter ist so hitzig, dass sich selbst ein Liberaler wie der frühere FDP-Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch für die staatliche Decklung der Bezüge durch den Staat ausspricht.

Zehn Millionen Euro als "Schamgrenze"

Die Debatte zeigt bereits Wirkungen auf die Entscheidungen der Aufsichtsräte, die für die Gehaltsfindung der Vorstände zuständig sind. Offenbar versuchen die Kontrolleure, Gehälter über zehn Millionen Euro zu verhindern. "Das gilt inzwischen als eine Schamgrenze", sagt der Berater und Gehaltsexperte Heinz Evers.

Diese wenigstens noch ein wenig haltbare Decke ist aber kein Grund für die Räte, die Aufwärtsentwicklung bei den Gehältern zu bremsen. Sie führt nur dazu, dass sich die Summen, die kurz unter dieser Schwelle liegen, auffällig häufen. Die Aufsichtsräte gehen verstärkt so nah wie möglich an diese imaginäre Grenze.

Doch wie kann sichergestellt werden, dass es keine Auswüchse gibt und die Manager ihrer Leistung entsprechend bezahlt werden? Eine berechtigte Frage, wenn man bedenkt, dass Eon-Chef Johannes Teyssen, der den Düsseldorfer Energieriesen seit Jahren nicht aus seiner Krise herausbekam und für das vergangene Jahr Milliardenverluste melden musste, auf ein Salär von 4,5 Millionen Euro kommt. Ähnlich viel verdient Oliver Bäte, der Chef des erfolgreichen Finanzkonzerns Allianz. Die Aufsichtsräte sind von einer Bezahlung der Spitzenkräfte, die man einfach erklären könnte, weit entfernt. Den meisten sei allerdings bewusst, "dass die Gehälter ein moralisches Thema sind", so der Gehaltsexperte Michael Bursee von der Beratungsgesellschaft Ernst & Young.

Die Pläne der Politik, die Bezüge zu verringern, wirken bislang hilflos

Sicher ist nur, dass staatliche Eingriffe kaum Abhilfe schaffen werden. So sind die Manager-Gehälter erst richtig nach oben gegangen, nachdem der Staat vor gut einem Jahrzehnt vorgeschrieben hatte, die Bezüge zu veröffentlichen. Es gab einen Effekt, aber den falschen. Was die Gehälter senken sollte, führte zu deren Erhöhung. Manager, die schlechter bezahlt wurden als ihre Kollegen in anderen Unternehmen, hatten eine Handhabe, höhere Bezüge herbeizuverhandeln. Der Plan der CDU, die Gehälter durch Abstimmung in den Hauptversammlungen zu verringern, verspricht ebenfalls keine Lösung. Schon heute lassen 28 der 30 Dax-Konzerne ihre Aktionäre über die Bezahlung abstimmen. Mit wenigen Ausnahmen haben die Eigentümer auch den größten Exzessen zugestimmt.

Ähnlich hilflos ist die Idee der Sozialdemokraten, Gehälter oberhalb von einer halben Million Euro nicht mehr absetzbar zu machen. Ob Konzerne wie Siemens oder BASF ein paar Millionen Euro mehr Steuern für ihre Chefs zahlen, macht bei einer Steuerlast von Milliarden keinen Unterschied.

Wieder hilft ein Blick auf die Bezahlung des SAP-Chefs McDermott. Bei dem liegen laut Vergütungsbericht allein die "Nebenleistungen" bei 1,6 Millionen Euro, also weit über der halben Million, die für die SPD als anständig gelten. In diesem Betrag wird etwa abgegolten, dass der Amerikaner erhöhte Kosten wegen doppelter Haushaltsführung hat. Für einen erfolgreichen Konzern wie SAP ist das eine Marginalie.

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