Lukaschenko-Urlaub in Österreich:Der Besuch des Diktators

Ein teurer Luxusurlaub des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko beschäftigt Österreich. Offiziell lud ihn das Olympische Komitee ein - doch hinter dem Trip steckten wirtschaftliche Interessen.

Johannes Aumüller

Der Präsident war offenbar in guter Form. Sieben Tore erzielte seine Mannschaft bei einem Benefizspiel zugunsten von Tschernobyl-Opfern in Tirol - gleich drei davon schoss Alexander Lukaschenko, Präsident Weißrusslands und "Europas letzter Diktator", selbst.

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Wer bezahlte den Trip von Alexander Lukaschenko nach Österreich?

(Foto: AFP)

Im März 2002 bestand zwischen Vertretern der Europäischen Union und dem Regime in Minsk offiziell ein Kontaktverbot. Aber dennoch weilte Lukaschenko samt großer Entourage zehn Tage lang zum Luxusurlaub in der Alpenrepublik. Mit einem Trick hatten die österreichischen Gastgeber die EU-Vorgaben umgangen: Es war ja eigentlich nicht Alexander Lukaschenko, der weißrussische Präsident, zu Gast, sondern Alexander Lukaschenko, der Vorsitzende des Nationalen Weißrussischen Olympischen Komitees - eingeladen vom Österreichischen Olympischen Comité (ÖOC).

Und in dieser Funktion genoss Lukaschenko mit seinen Söhnen, seiner Geliebten und diversen hochrangigen Politikern die Zeit im schönen Österreich, wie aus Unterlagen hervorgeht, die sueddeutsche.de vorliegen: 6710 Euro für Skilehrerstunden, knapp 48.000 Euro für einen Privatauftritt von DJ Ötzi, insgesamt Aufwendungen in Höhe von gut 206.000 Euro.

Doch Lukaschenkos Aufenthalt hatte, außerhalb von privaten Skilauf- und torreichen Eishockeystunden, nur bedingt mit dem Sport zu tun. Dafür wohl umso mehr mit den Interessen von österreichischen Firmen und Privatleuten, die sich Vorteile auf dem weißrussischen Markt verschaffen wollten. "Wir handelten im Interesse der Wirtschaft Österreichs", sagt der damalige ÖOC-Präsident Leo Wallner, der allerdings eine pikante Doppelrolle einnimmt: Er war gleichzeitig Generaldirektor von Casinos Austria - einem der größten Unternehmen dieser Branche.

Die Interessen müssen allerdings sehr massiv gewesen sein. Denn nach Darstellung von Beteiligten haben österreichische Firmen und Privatleute den Trip des Diktators über ein "Verrechnungskonto" des ÖOC finanziert, über das offenbar diverse dubiose Deals liefen - ein Konto, das derzeit die Staatsanwaltschaft unter die Lupe nimmt.

Die Aufklärungsarbeit ist mühsam. Denn zum einen bewegten sich viele der Handelnden an der Schnittstelle zwischen Sport, Politik und Wirtschaft. Und zum anderen ist die früher eng zusammenhaltende Machtclique des österreichischen Sports wegen der Ermittlungen zu dem riesigen Finanzsumpf rund um die Salzburger Olympiabewerbung 2014 und den Verdächtigungen gegen sie längst zerstritten und beschuldigt sich bei den Ermittlungen gegenseitig.

Einvernehmlich sind die Aussagen der Beteiligten aber in einem Punkt: Das ÖOC hat die Reise nicht aus eigenen Mitteln bezahlt und hatte auch sonst mit der Reise nichts zu tun. Doch wer war es dann? Die Casinos selbst?

Immerhin hatte Casinos-Direktor Gerhard Skoff, ein enger Gefolgsmann von Olympia-Mann Wallner, während des Lukaschenko-Aufenthalts 2002 dem österreichischen Magazin Profil zufolge gesagt: "Wenn Weißrussland ein Casino will, dann haben wir die besseren Karten."

Ein wichtiger Handelspartner geworden

Wallner, heute Aufsichtsrat bei den Casinos, erklärt im Gespräch mit sueddeutsche.de, seine Firma hätte kein Geschäftsinteresse gehabt. Private Leute hätten die Reise bezahlt. "Wer, das kann ich aber nicht sagen. Das ist ein Politikum."

Man sei wegen der Lukaschenko-Reise auf ihn zugekommen, er habe die Bittsteller aber weiterverwiesen und dann nichts mehr damit zu tun gehabt. Doch warum ist auf der Hotelrechnung auch eine "Nächtigung von Herrn Gen. Dir. Dir. Wallner" vermerkt, wenn Wallner doch so unbeteiligt war? Und warum bezieht sich das Hotel in einem Schreiben auf die "Herren von der Casinos Austria AG", wenn seine Firma doch kein Geschäftsinteresse hatte?

Der damalige ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth, der vor Aufkommen der Salzburg-Affäre ebenfalls zu Wallners Vertrauten zählte, erklärt, dass er von besagtem Verrechnungskonto Geld abgehoben und bar die diversen Dienstleister bezahlt habe. Er habe allerdings lediglich Anweisungen von Wallner befolgt; über zwei Casinos-Mitarbeiter seien "Sponsoreingänge" ohne werbliche Gegenleistungen organisiert worden. Wallner bestreitet, von dem Konto überhaupt Kenntnis gehabt zu haben.

Die Suche nach den Finanziers der Reise dauert also noch an. Auf jeden Fall aber haben sich die Investitionen gelohnt. Österreich zählt zu den fünf wichtigsten Handelspartnern Weißrusslands. Die Minsker Verantwortlichen wollen sich nicht äußern; dortige Medien berichten aber, dass einige große Unternehmen aus verschiedenen Branchen unter österreichischem Einfluss stünden.

Die Casinos Austria sind allerdings nicht darunter.

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