Luftverkehr:Gemeinsam stärker

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Lufthansa, Air France, Ryanair und andere proben den Schulterschluss. Sie gründen einen Verein.

Von Jens Flottau, Amsterdam

Lufthansa-Chef Carsten Spohr zeigte sich "positiv überrascht". Das ist dem krisengeplagten Konzernlenker angesichts von Streiks, hohen Kosten und Pannen beim Billigableger Eurowings in letzter Zeit nicht allzu häufig passiert. Aber es waren dieses Mal auch nicht die eigenen Leute, die Spohr beeindruckt haben. Eher Easyjet-Chefin Carolyn McCall oder Ryanair-Chef Michael O'Leary. Die beiden sowie Willie Walsh (IAG) und Alexandre de Juniac (Air France-KLM) saßen neben Spohr und verkündeten, dass sie sich im Grunde einig seien. "Wir stimmen in 80 Prozent aller Punkte überein", so O'Leary. Weil die fünf größten europäischen Airlines unabhängig von den völlig unterschiedlichen Geschäftsmodellen plötzlich erkannt haben, dass sie starke gemeinsame Interessen haben, haben sie jetzt einen neuen Verband gegründet. Er heißt Airlines for Europe (A4E) und vereint erstmals sowohl die Billig-Airlines als auch die klassischen Langstreckenanbieter.

Was sie eint, ist die Klage über das Versagen der Politik in Europa

Die gemeinsamen Gegner sind klar definiert: die Europäische Kommission, Europas Regierungen, die lahme Flugsicherung und streikende Fluglotsen. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche. So hätten zum Beispiel die 21 größten Flughäfen in den vergangenen zehn Jahren ihre Gebühren um 80 Prozent erhöht, während die Inflation in der Zeit nur 20 Prozent betrug. Ein Versagen der Politik bei der Regulierung der Flughäfen, wie Air France-KLM-Chef Alexandre de Juniac monierte. Ähnlich die Fluglotsen: Weil sie die Airlines mit ihren Streiks regelmäßig zwingen, Tausende Flüge abzusagen, fordert Ryanair-Chef O'Leary, vor Streiks Schlichtungen vorzuschreiben. Auch beklagen die Airlines, dass die seit Jahrzehnten angestrebte Reform der Flugsicherung (Single European Sky) nicht vorankommt und deswegen "ein Witz" sei. Für Ärger sorgten zuletzt Italien und Norwegen, weil sie wie Deutschland nun eine Art Luftverkehrsteuer einführen. EU-Kommissarin Violeta Bulc gab sich in ihrer Antwort erkennbar Mühe, zu betonen, dass nun alles besser werde. "Wir sind an einer Weggabelung", sagte sie. "Es ist klar, dass der Status quo keine Option mehr ist."

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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