Lufthansa:Zoff mit Amadeus

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Die Deutsche Lufthansa will künftig die Computer-Reservierungssysteme umgehen.

Von JENS FLOTTAU, Miami

Für Christoph Müller, den neuen Chef von Malaysia Airlines, ist jetzt schon klar, was Lufthansa da angerichtet hat: "Das wird in der Branche eine Lawine auslösen. Es ist eine fabelhafte Entscheidung." In Miami haben sich in dieser Woche die Mitglieder der International Air Transport Association (IATA) getroffen. Und die sonst eher nicht im Zentrum stehende Lufthansa war bei der Jahrestagung eines der beherrschenden Themen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr fand, es sei "jetzt einfach einmal Zeit" gewesen.

Auf den Direktkanälen der Fluggesellschaft werden keine Zusatzgebühren fällig

Die größte deutsche Fluggesellschaft hatte Anfang des Monats mitgeteilt, dass sie künftig für alle Buchungen über die sogenannten Computer-Reservierungssysteme eine zusätzliche Gebühr von 16 Euro verlangen wird. Das sind Firmen wie Amadeus, Travelport oder Sabre, bei denen die Airlines bislang ihre Preise hinterlegen und über deren IT Reisebüros oder Großkunden ihre Flüge buchen. Für diese Leistungen müssen die Airlines pro Buchung Gebühren zahlen. Diese sind der Branche schon länger ein Dorn im Auge, zumal die alten Reservierungssysteme in die Jahre gekommen sind und nicht alles bieten, was die Fluggesellschaften gerne hätten.

Lufthansa macht nun den ersten Schritt, weil die bisherigen Verträge unter anderem mit Amadeus auslaufen. Bislang war die Airline vertraglich dazu verpflichtet, alle Preise auch über die Computer-Reservierungssysteme anzubieten. Künftig will sie das nicht mehr tun, und damit werden die neuen Vereinbarungen teuer: Etwa 16 Euro kostet eine Transaktion dann der Lufthansa zufolge, und die will sie nicht selbst bezahlen, sondern auf die Kunden abwälzen - also Reisebüros und Firmen.

Das Ziel ist klar: Die Vertriebskosten sollen sinken, und alle Zielgruppen sollen künftig lieber die Direktkanäle der Lufthansa nutzen, denn da werden die 16 Euro nicht fällig. Für Reisebüros und Firmen werden zusätzliche Portale entwickelt.

Hinter den Kulissen der Reisebranche könnte also tatsächlich eine Revolution nahen. Denn viele Fluggesellschaften stecken derzeit Millionen an Investitionen in ihren eigenen Vertrieb, der internetbasiert und viel origineller werden soll als die bisher eingesetzten Systeme. Lufthansa hat bei Konzerntochter Swiss einen Feldversuch gestartet. Er soll 2016 konzernweit in den Routinebetrieb übergehen.

Was mit solchen Investitionen möglich sein soll, beschreibt Müller, der bei Malaysia Airlines auch in neue IT investiert: Künftig könne ein Passagier beim Hinflug einen Economy-Sitz buchen, beim Rückflug Business und dabei gleichzeitig etwa den Loungezugang abwählen. Die Fluggesellschaften erwägen außerdem, basierend auf historischen Buchungsdaten, Preise für Einzelpersonen festzulegen. "Unsere bisherigen Systeme können das aber nicht," sagt Müller.

"Das Thema beschäftigt mich seit zwei oder drei Jahren", sagt Emirates-Chef Tim Clark. Auch die Gesellschaft aus Dubai hat ein Projekt namens PSS (Passenger Service System) gestartet. "Wir bauen unser eigenes System, eine völlig neue Struktur." Clark glaubt, die Entscheidung von Lufthansa könne "der Anfang vom Ende" für die bisherigen Anbieter sein.

Müller könnte übrigens tatsächlich recht behalten. Eine Umfrage bei der IATA-Konferenz, an der sich knapp 120 Fluggesellschaften beteiligt haben, ergab, dass sich fast 100 vorstellen können, dem Schritt der Lufthansa zu folgen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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