Lidl:Im Kreuz-Feuer

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Der Handelskonzern löst mit dem Wegretuschieren christlicher Symbole Empörung aus. Lidl wollte neutral sein - das ging daneben.

Von Michael Kläsgen

So auskunftsfreudig sind Lidl-Sprecher selten. In Belgien war zuerst jemandem aufgefallen, dass der Discounter christliche Kreuze von Werbefotos auf Verpackungen von griechischen Oliven, Feta-Käse und einer Tzatziki-Würzmischung wegretuschiert hatte. RTL Belgien berichtete als erstes Medium darüber.

Danach war kein Halten mehr, jedenfalls nicht in den Social Media, insbesondere nicht auf Facebook - und zwar in ganz Europa. Die Lidl-Seite quoll über von Häme, Beleidigung und Empörung. Viele schimpften und gaben vor, nicht mehr bei Lidl kaufen zu wollen. Andere riefen zum massiven Boykott auf.

Kirchenkuppel ohne Kreuz - Lidls Fotomontage ging daneben. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Am Dienstag kritisierte sogar die Kommunalregierung der Urlaubsinsel Santorini, von der die Fotomotive stammen, den Umgang des Discounters mit den Wahrzeichen der Insel. Kirchenvertreter und Politiker im In- und Ausland echauffierten sich ebenfalls. Tschechiens ranghöchster Katholik Erzbischof Kardinal Dominik Duka monierte einen "noch nie da gewesenen kulturlosen Akt". Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn twitterte, wer Kreuze aus Landschaftsfotos retuschiere, der stehe nicht für Vielfalt, sondern für "Selbstaufgabe". Zu dem Zeitpunkt hatte Lidl den Photoshop-Eingriff noch mit dem Unternehmensprinzip zu rechtfertigen versucht, grundsätzlich "die religiöse und politische Neutralität einhalten" zu wollen. Und auch die AfD entdeckte das Thema für sich. Spitzenkandidat Alexander Gauland meinte, in der Bildbearbeitung die schleichende Islamisierung unserer Gesellschaft" erkennen zu können.

Das Entsetzen über das Wegretuschieren nahm solche Ausmaße an, dass der Konzern schließlich kleinlaut einen Fehler einräumen musste und um Entschuldigung bat. "Es tut uns sehr leid, dass das aktuelle Design für Unmut sorgt, dahinter steckt keine böse Absicht", erklärte eine Lidl-Sprecherin. Man verkaufe das griechische "Eridanous"-Sortiment, darunter Moussaka, Baklava und Olivenöl, seit mehr als zehn Jahren in ganz Europa. Immer wieder habe es Veränderungen am "Design" gegeben. So auch diesmal.

Dass Lidl künftig verstärkt darauf achten wird, nicht wieder den Zorn von Kunden, Kirchen und Politikern auf sich zu ziehen, deutete die Sprecherin auch an. "Wir werden das Feedback weitergeben", kündigte sie an, "und dieses bei der Gestaltung künftiger Verpackungen berücksichtigen."

© SZ vom 06.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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