Leerstand auf dem Immobilienmarkt:Wenn jede fünfte Wohnung überflüssig ist

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Die Mieten sind schon jetzt für Normalverdiener kaum noch bezahlbar, doch in München und Umgebung wird die Nachfrage nach Wohnungen bis zum Jahr 2030 nochmal um bis zu 35 Prozent ansteigen. Dieser Boom hat allerdings eine Kehrseite: Darbende Großstädte im Osten und im Ruhrgebiet, in denen massenhaft Wohnungen leerstehen.

In beliebten Trendvierteln der Großstädte - im Münchner Glockenbachviertel zum Beispiel, rund um die Alster in Hamburg oder in Top-Lagen am Prenzlauer Berg in Berlin, sind 15 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter oder noch mehr keine Seltenheit mehr. Rasant steigende Mieten, das ist ein perfektes Wahlkampfthema. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will im Falle eines Wahlsieges eine Mietpreisbremse einführen, die, anders als bisher, auch für Neuverträge greifen soll. Kanzlerin Angela Merkel, die schon öfter erfolgreich darin war, Forderungen der Opposition zu übernehmen, hat sich für eine ähnliche Regelung ausgesprochen, die allerdings nicht bundesweit gelten, sondern von den Ländern beschlossen werden soll.

Wenn in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit vom deutschen Immobilienmarkt die Rede war, dann fiel oft das Wort "Boom". Manche Experten warnten sogar vor einer "Überhitzung" oder einer drohenden Blase am Häusermarkt.

Nun kommt eine Studie zu einem anderen Ergebnis: Demnach droht Deutschland vielmehr ein Wohnungsleerstand. Denn während es immer mehr Menschen in boomende Städte zieht, stehen auf dem Land viele Wohnungen und Häuser leer, wie aus einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervorgeht.

Da die Bevölkerung weiter abnehme, werde der Leerstand künftig zu einem immer größeren Problem - nicht nur für ländliche Regionen im Osten, sondern auch für manche darbende Großstädte im Westen, zum Beispiel im Ruhrgebiet.

Viele Städte in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen werden dem IW zufolge dagegen immer beliebter: "Die jungen Leute schätzen sie, weil sie dort mobiler sind und bessere Ausbildungs- und Jobchancen haben." Auch für ältere Menschen seien Städte attraktiv, weil sie dort mehr Freizeiteinrichtungen, Gesundheitsversorgung und Kulturangebote vorfänden. "Der Run auf die Großstädte wird das Überangebot an freien Wohnungen in den ländlichen Regionen noch verstärken", heißt es von den Autoren der Studie.

Die Forscher haben die Nachfrage nach Wohnfläche für alle 402 Landkreise und kreisfreien Städte berechnet. Sie haben in zwei Szenarien untersucht, wie sich der Pro-Kopf-Bedarf an Wohnraum entwickelt. Im Szenario mit konstantem Bedarf geht schon bis 2030 die Nachfrage nach Wohnungen in 240 der 402 Landkreise und Städte zurück. Davon betroffen wären Metropolen wie Essen oder Dortmund, am härtesten träfe es aber Regionen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Mancherorts könnte den Experten zufolge jede fünfte Wohnung überflüssig sein.

"Den größten Zuwachs hätten indes nicht etwa Berlin oder Hamburg, sondern das Münchner Umland - also Erding, Ebersberg, Dachau und Freising", heißt es in dem IW-Papier. Hier könne die Nachfrage um bis zu 35 Prozent steigen. Der Münchner Speckgürtel, er würde deutlich mehr Fett ansetzen.

In einem zweiten Szenario gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Deutschen in Zukunft in größeren Wohnungen leben wollen. Dieser sogenannte Wohnflächenkonsum sei bereits über alle Altersgruppen hinweg zwischen 1995 und 2011 um 21 Prozent gestiegen. Grund dafür ist neben steigendem Lebensstandard auch die Tatsache, dass immer mehr Menschen alleine leben und vergleichsweise große Wohnungen haben. Auch für dieses Szenario sehen die Forscher nach einer zunächst noch steigenden Nachfrage dann spätestens ab 2050 deutlich weniger Bedarf an Wohnraum.

Und das, obwohl nur 15 der 80 Millionen Bundesbürger in Regionen leben, in denen das Wohnen in den vergangenen Jahren tatsächlich teurer geworden ist.

© Süddeutsche.de/Reuters/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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