Kritik an Bankkontrollbehörde Bafin:Kraftlose Kontrolleure

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Viele wissen nicht, dass sie sich bei schlechter Beratung an die Bankkontrollbehörde Bafin wenden können. Die wenigen, die es doch tun, beschweren sich meist über private Institute - doch Deutschlands oberste Bankenaufseher lassen die Verbraucher allein.

Claus Hulverscheidt

Wenn es stimmt, dass man auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand ist, dann stellt sich die Frage, wer auf einen achtgibt, wenn man einen Termin bei seinem Anlageberater hat. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), so viel scheint nun sicher zu sein, ist es jedenfalls nicht.

Das zumindest meint der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, der mit Hilfe eines Fragenkatalogs an die Bundesregierung herausfinden wollte, wie die oberste Bankkontrollbehörde des Landes mit Beschwerden von Privatkunden umgeht. Ergebnis, so Schick: Auf die Hilfe der Bafin sollten sich die Bürger lieber nicht verlassen.

Schick stützt sein Urteil auf ganze Zahlenkolonnen, die das Finanzministerium in der Antwort auf seine Anfrage aufführt. Demnach gingen bei der Bafin seit 2007 im Schnitt 270 Briefe pro Jahr ein, in denen Bürger darüber klagen, dass sie wegen schlechter Beratung durch die Bank Geld verloren hätten. Die Zahl erscheint auf den ersten Blick nicht besonders hoch. Viele Menschen wissen aber gar nicht, dass sie sich nach einem erfolglosen Einigungsversuch mit der Bank an das höchste Aufsichtsorgan wenden können. Andere trauen sich nicht, oder es fehlt ihnen die Kraft für eine womöglich jahrelange Auseinandersetzung. Diejenigen, die sich schließlich doch in Bonn melden, sind also die ganz Hartnäckigen.

Die meisten Beschwerden betreffen private Institute

Interessant ist, dass sich die Menschen überwiegend über private Institute beschweren. Auf Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die die meisten Filialen betreiben, entfällt nur ein Viertel der Reklamationen. Besonders viele Beschwerden, nämlich fast 400, registrierte die Bafin 2009, als die globale Finanzkrise mit voller Wucht auf die Bankkonten vieler deutscher Kleinanleger durchschlug.

Der Erfolg der Proteste bei der Bundesanstalt ist indes überschaubar: 2009 schickte die Bafin nach Sichtung der Schreiben ganze zwei Bußgeldbescheide raus, 2010 gar keinen, 2011 sieben. Ein Witz, wie Schick meint, erst recht, wenn man darüber hinaus die Höhen der Bußgelder betrachte: Für ein fehlerhaftes Beratungsprotokoll etwa wurden einmal 18.000, einmal 26.000 Euro Strafe fällig. "Ein krasses Missverhältnis, wenn man bedenkt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher jedes Jahr Vermögensschäden durch Falschberatung in Milliardenhöhe erleiden", so der Grüne. "Falschberatung ist für die Banken schlicht und ergreifend immer noch zu billig."

Auch Klagen über seltsame Gebührenberechnungen von Banken lassen die Bafin offensichtlich kalt. Obwohl die Zahl solcher Beschwerden seit 2007 um mehr als 50 Prozent zugenommen hat, wurde die Behörde in keinem einzigen Fall tätig.

Völlig zu Recht, wehrt sich die Bafin, sie dürfe keine einzelnen Gebührenfehler ahnden, sondern nur bei einem "allgemeinen Missstand" tätig werden. Bei Bußgeldern komme hinzu, dass man dem Beschuldigten oft Vorsatz, Leichtfertigkeit oder Fahrlässigkeit nachweisen müsse. Und die Bußgeldgrenze von 50 000 Euro für fehlerhafte Protokolle habe nicht sie, sondern die Politik festgelegt.

Für Schick sind denn auch beide Beteiligten - Behörde wie Politik - gleichermaßen schuld an der Misere: "Die Regierung stattet die Aufsicht nicht mit genügend Instrumenten für einen wirksamen Verbraucherschutz aus; und die Instrumente, die es gibt, werden von der Bafin nicht genutzt." Ein Beispiel sei die Idee, als Kunden getarnte Prüfer zu den Anlageberatern zu schicken. Seit langem schon werde darüber geredet - passiert aber sei nichts.

© SZ vom 10.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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