Korruptionsvorwürfe:Tiefensee nimmt Bahn an die Kandare

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Nach den Korruptionsvorwürfen gegen die Bahn fordert Verkehrsminister Tiefensee lückenlose Aufklärung - und erinnert an die Vorbildfunktion des Konzerns in Staatshand.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat Bahnchef Hartmut Mehdorn aufgefordert, einen Bericht zu dem Verdacht auf Korruptionsfälle bei seinem Unternehmen vorzulegen.

Fordert lückenlose Aufklärung von der Bahn: Verkehrsminister Tiefensee (Foto: Foto: ddp)

Dabei habe Tiefensee die Vorbildfunktion eines Unternehmens hervorgehoben, das sich zu 100 Prozent im Eigentum des Bunds befindet, wie das Ministerium am Mittwoch mitteilte.

Unentgeltliche Leistungen auf Prüfstand

Die Bahn kündigte derweil konsequentes Vorgehen gegen eventuelle Korruption im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Preiserhöhungen im Regionalverkehr an.

Die Bahn verwies in einer Stellungnahme zu Ermittlungen wegen Bestechungsversuchen an Beamten des Regierungspräsidiums Darmstadt aber auch darauf, dass die hessische Behörde keine letztinstanzliche Entscheidungsbefugnis über Tariferhöhungen habe.

Tiefensee forderte eine "lückenlose Aufklärung". Der angeforderte Bericht solle sich nicht lediglich auf die derzeit öffentlich diskutierten Fälle erstrecken, sondern generell die Frage unentgeltlicher Leistungen der Bahn umfassen, besonders eventuelle Zuwendungen an Angehörige des öffentlichen Diensts.

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft hatte am Vortag mitgeteilt, dass Mitarbeiter der Bahn Beamte bestochen haben sollen, die für die bundesweite Kontrolle von Nahverkehrstarifen zuständig waren.

Ein Oberamtsrat und ein Leitender Regierungsdirektor sollen demnach jahrelang eine Bahncard First im Wert von derzeit 5.900 Euro erhalten haben.

Haftbefehle gegen Bahnmitarbeiter

Ermittelt wird auch gegen drei Mitarbeiter der Bahntochter DB Regio, die in den Fall verwickelt seien.

Gegen die beiden Beamten ergingen Haftbefehle, die unter Auflagen außer Vollzug gesetzt wurden.

Das Regierungspräsidium Darmstadt ist eine zentrale Schaltstelle für die Genehmigung der Nahverkehrstarife der Deutschen Bahn. Fernverkehrstarife kann die Bahn eigenmächtig festlegen.

Der oberste Korruptionsbekämpfer der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, erklärte: "Sollte es hier tatsächlich unrechtmäßige Handlungen gegeben haben, werden wir konsequent reagieren." Man arbeite eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen.

Die Bahn wies aber auf die eingeschränkte Entscheidungsbefugnis der Beamten hin. Sie hätten "keine Letztentscheidungsbefugnis in dieser Frage. Sie fungierten vielmehr als eine Art Koordinierungsstelle zwischen Bund und Ländern", erklärte DB-Regio-Vorstandschef Ulrich Homburg. Letzte Instanz ist das Bundesverkehrsministerium.

Das Regierungspräsidium holte in der Vergangenheit das Votum der Bundesländer zu Preiserhöhungen ein und übergab bei fehlender Einstimmigkeit das Verfahren an das Bundesverkehrsministerium.

Durch eine Änderung im Allgemeinen Eisenbahn-Gesetz aus dem vergangenen Jahr ist die Aufgabe des Regierungspräsidiums inzwischen auf Fragen der Genehmigung von Beförderungsbedingungen beschränkt, eine Zustimmung für Preiserhöhungen seitens der Bundesländer ist nicht mehr vorgesehen.

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