Korruption in Griechenland:Schöner wohnen mit deutschem Schmiergeld?

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Deutsche Konzerne haben in Griechenland geschmiert. Ein Ex-Minister lebt nach einem U-Boot-Deal in einem teuren Viertel nahe der Akropolis. Doch das schöne Leben könnte bald vorbei sein: Das Parlament in Athen will den Ex-Minister vor Gericht bringen - und auch einem deutschen Unternehmen droht Ärger.

Klaus Ott und Tasos Telloglou

In Filopapou, dem teuersten Viertel im Zentrum von Athen, ist die Krise noch nicht so richtig angekommen. Wer sich dort eine Wohnung leisten kann, noch dazu mit Blick auf die Akropolis, der hat bestimmt keine Geldsorgen.

Schirme braucht es hier nur gegen die Sonne: Ein griechischer Ex-Finanzminister lebt in Sichtweite der Akropolis - womöglich, weil er Schmiergelder aus Deutschland kassierte. (Foto: dpa)

So wie Akis Tsochatzopoulus, ehedem Verteidigungsminister in Griechenland. Dafür hat der Ex-Politiker jetzt andere Probleme. Parlament und Justiz in Athen ermitteln, mit welchem Kapital Tsochatzopoulus die Wohnung in Sichtweite der Akropolis bezahlt hat.

Der mutmaßliche Geldfluss lässt sich zurückverfolgen bis zur Ferrostaal AG nach Deutschland. Die Handelsgesellschaft mit Sitz in Essen hat im vergangenen Jahrzehnt mehrere U-Boote nach Griechenland verkauft und, inklusive einer späteren Modernisierung der Unterwasser-Flotte, etwa 1,6 Milliarden Euro verdient. Damit das Geschäft zustande kam, soll Tsochatzopoulus mit mehreren Millionen Euro bestochen worden sein.

Das vermutet, neben dem Parlament in Athen, auch die Münchner Staatsanwaltschaft. Die hat mit Ermittlungen bei Ferrostaal den offenkundigen Schmiergeldfall aufgedeckt und zwei frühere Konzern-Manager angeklagt. Die Erkenntnisse aus München und Athen passen bestens zueinander, wie die Teile eines Puzzle-Spiels. Eines Puzzles, das viele Gründe für die Krise des Landes sichtbar macht: Nepotismus und Selbstbedienung in den beiden großen Parteien sowie Parlament und Regierung, Pfründewirtschaft und Korruption.

Deutsche Konzerne haben kräftig mitgewirkt an diesem System. Überall dort, wo in der Bundesrepublik internationale Schmiergeldpraktiken aufflogen, führten Spuren nach Athen. Von Siemens und MAN, von Daimler und nun auch von der Ferrostaal AG, die im Verbund mit HDW (Howaldtswerke Deutsche Werft) und einer Firma des Stahlgiganten ThyssenKrupp U-Boote nach Griechenland exportierte.

Die Essener Firma verkauft weltweit Produkte und Anlagen deutscher Unternehmen, darunter Rüstungsgüter. Das deutsch-griechische Ermittler-Puzzle könnte Tsochatzopoulus seine schöne Wohnung in Filopapou und vielleicht sogar seine Freiheit kosten, und Ferrostaal eine Menge Geld.

Das Parlament in Athen will den Ex-Minister vor Gericht bringen, sein Vermögen einfrieren sowie Schadenersatz fordern. Und die Münchner Staatsanwaltschaft möchte 277 Millionen Euro von Ferrostaal kassieren. Das ist der Gewinn, den die Essener Gesellschaft mit U-Boot-Geschäften vor allem in Griechenland erzielt haben soll, die direkt oder indirekt mit Schmiergeld angeschoben worden seien.

Keine Beweise für Bestechung?

Die Staatsanwaltschaft betrachtet das als illegalen Profit, der abgeschöpft werden müsse. Die Ferrostaal AG widerspricht in einer Eingabe beim Münchner Landgericht. Die Handelsgesellschaft entgegnet, die Münchner Ermittler hätten dem Gericht keine Beweise für ihre These vorgelegt, dass der Ex-Minister bestochen worden sei.

Die Münchner Staatsanwaltschaft beschreibt in einer dicken Anklage, wie Ferrostaal über einen Zirkel zwielichtiger Berater und Helfer mehrere zehn Millionen Euro durch dunkle Kanäle geschleust habe, um die U-Boot-Aufträge aus Griechenland zu bekommen. Als einer der Geldempfänger ist Tsochatzopoulus genannt, abschließend belegt wird das in der Münchner Anklage aber nicht.

Geldfluss endet in der Schweiz

Der in der Anklage nachgewiesene Geldfluss endet beispielsweise in der Schweiz, wo Unterlagen erst versteckt und dann vernichtet wurden. Inzwischen hat das griechische Parlament mit Hilfe der Zentralbank den Weg des Geldes verfolgt; von der Schweiz über Zypern, die USA und einen Verwandten von Tsochatzopoulus bis hin zur Wohnung im Athener Viertel Filapopou und weiteren Immobilien.

Auf diese Weise soll Tsochatzopoulus in den Genuss von Millionen Euro gekommen sein. Normalerweise sind Parlament und Justiz in Griechenland beim Verdacht von Korruption nicht so fix und erfolgreich, weil man ja nie weiß, wie weit die Spuren nach oben führen; in die Spitze von Parteien und Staat. In diesem Fall ist das anders.

Der Ex-Minister bestreitet alle Vorwürfe. Er sei das Opfer einer politischen Verschwörung seiner eigenen Partei, der Pasok. Die Pasok stellt Griechenlands Regierung, und die ist wegen der drohenden Staatspleite ebenfalls fast am Ende. Tsochatzopoulus sagt, die Pasok wolle auf seine Kosten von der Wirtschaftskrise ablenken. Er habe seine Wohnung von einer Firma in den USA gekauft, lange nach dem Rüstungsgeschäft.

© SZ vom 20.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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