Konsum:Tu dies, lass das

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Landwirtschaftsminister Schmidt hat den Streber der Wiederverwendung gefunden: eine Knödel-Firma. (Foto: Imago)

Die Regierung lässt sich ständig Ratschläge einfallen. Der Verbraucher hat es nicht leicht: Gut, günstig und moralisch einwandfrei soll er einkaufen.

Von Ulrike Schuster

Als Verbraucher hat man es außerordentlich schwer. Besonders dann, wenn man ein vorbildlicher Konsument sein will, dem als Richtschnur "gut und günstig" nicht reicht; wenn er auch noch moralisch einwandfrei kaufen und leben will - ressourcenschonend, generationengerecht, fair gehandelt zwischen armem und reichem Land. 90 Prozent der Deutschen sagten theoretisch "Ja" zum verantwortungsbewussten Konsum, sagt das Bundesministerium für Verbraucherschutz. Also klärt die Regierung auf, sie informiert, um dem Bürger das Entscheiden leichter zu machen. Die Möglichkeiten falsch zu wählen, sind heute ja grenzenlos. Mit Kampagnen, Initiativen und Aktionen wirbt sie für die "Do's" and "Dont's" des korrekten Handelns, von der Wiege bis zur Bahre. Mal im Verbund mit Verbraucherschutz-Organisationen, mal im Alleingang.

Mit der Kampagne "Zu gut für die Tonne!" kämpft das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dafür, dass weniger Lebensmittel weggeworfen werden. Ein Drittel der hergestellten Nahrungsmittel landen im Abfall, pro Bundesbürger sind das 82 Kilo im Jahr. "Zehn goldene Regeln" bekommt der Verbraucher an die Hand; angefangen beim "besser planen" über "besser einkaufen" bis "besser lagern". Es gibt Mitmachaktionen, Beste-Reste-Box-Aktionen für Restaurants, Poster, Aufkleber und Bastelbögen für die Kids.

Und freilich kommt keine Kampagne ohne Wettbewerb mit Gewinnspiel für die Unternehmen aus: diesjähriger Sieger im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung ist die Knödelspezialität "Knödelkult". Die Geschäftsidee des Konstanzer Start-ups "Kultimativ" ist, nicht verkauftes Brot aus regionalen Bäckereien zu retten und danach als Knödel, im Glas eingeweckt, zu verkaufen.

Für aufgeklärte Eigeninitiativen dieser Art gibt das BMEL 20 Millionen Euro jährlich aus. "Ob sie wirken, ist kaum untersucht", sagt Lucia A. Reisch, Verhaltensökonomin und Professorin für europäische Verbraucherpolitik an der Copenhagen Business School. "Meist fließt das gesamte Geld in die Aufklärung. Da bleibt nichts mehr für die Evaluation." Trotzdem seien die Verbraucherschutz-Kampagnen wichtig, um die Hoffnung auf Verhaltensänderung lebendig zu halten, findet sie.

2016 nahm sich Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), in dessen Ressort auch der gesundheitliche Verbraucherschutz fällt, das Massenthema "Tattoos" vor. Unter dem Titel "Safer Tattoo" hat er zusammen mit dem Bundesverband Tattoo (BVT) von Startersets bei Ebay abgeraten und zu zertifizierten Tätowierern geraten, der hygienischen Bedenken wegen.

Mit der Tierwohlinitiative "Eine Frage der Haltung" schärfte das BMEL ein, dass faire Tierhaltung am Ende einen fairen Preis fürs Fleisch verlangt. Nicht zu verwechseln mit der "Initiative Tierwohl", die zu Billigfleisch von Discountern rät und den Verbraucher glauben macht, sich mit der zertifizierten Tierwohl-Packung Fleisch aus besserer Tierhaltung zu holen.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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