Konjunkturprogramm:Schön den Mund halten

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Finanzminister Steinbrück will lieber in Ruhe Instrumente entwickeln, mit denen in der Krise Arbeitsplätze gehalten werden können - anstatt immer neue Milliardensummen zur Kenntnis nehmen zu müssen.

Th. Denkler

Es ist sonst nicht Steinbrücks Art. Aber wenn es um Fragen nach einem Konjunkturprogramm geht, hält sich der Bundesfinanzminister zurück. Nicht unbedingt vornehm zurück. Es sollten jetzt mal "alle den Mund halten" die meinen, einen Vorschlag nach dem anderen in die Welt setzen zu können, wie eine drohende Rezession zu verhindern sei.

Finanzminister Peer Steinbrück hat ein Konjunkturprogramm immer abgelehnt, nun gibt es - Beispiel Automobilindustrie - aber doch verkappte Subventionen durch die Hintertür. (Foto: Foto: dpa)

Solche Sätze nähren den ungerechtfertigten Verdacht, Steinbrück hätte etwas Grundsätzliches gegen Konjunkturprogramme. Das stimmt nicht. Er hat nur etwas gegen Konjunkturprogramme alter Prägung, wie sie sich in neuer Einmut SPD-Vize Andrea Nahles und Linksparteichef Oskar Lafontaine vorstellen.

Nahles will sich mit 25 Milliarden Euro gegen den Abschwung stemmen. Nicht kleckern, klotzen, sei das Gebot der Stunde. Oskar Lafontaine sieht das genauso, aber 25 Milliarden Euro reichen ihm nicht. Wenigstens 50 Milliarden Euro müssten es schon sein.

Japan legt Konjunkturprogramm auf

Angefeuert werden solche Ideen auch von jüngsten Nachrichten aus Japan. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt will mit einem zweiten Konjunkturprogramm innerhalb von zwei Monaten die Wirtschaft retten. Dafür sollen 40 Milliarden Euro unters Volk gebracht werden.

Klingt gewaltig, tatsächlich aber entspricht das gerade mal einem Prozent des japanischen Bruttoinlandsproduktes, also der Summe der wirtschaftlichen Jahresleistungen des Landes. Ein Tropfen auf einen heißen Stein.

Japans Weg geht vor allem über Steuersenkungen. Gerade davon halten Experten hierzulande wenig. Die, die überhaupt noch Steuern zahlen, legen ihr Geld dann noch häufiger zur Seite, ist die Befürchtung. Deutschland gehört ohnehin zu den Staaten mit der höchsten Sparquote.

Wohl um solchen Überbietungswettkämpfen aus dem Weg zu gehen rät Steinbrück zu etwas mehr Ruhe. Schließlich will er kommende Woche seine Vorstellungen von einem Konjunkturprogramm neuer Prägung der Öffentlichkeit präsentieren.

Ein paar der Instrumente sind wohl schon publik geworden. SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz will das Kurzarbeitergeld auf 18 Monate verlängern. Das finden alle in Ordnung. Nur Nahes profiliert sich weiter als Statthalterin der SPD-Linken im Parteipräsidium. Sie will 24 Monate.

SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel will Neuwagen in den ersten beiden Jahren steuerfrei stellen. Trotz der Proteste von Umweltverbänden, die befürchten, dass so vor allem der Verkauf spritfressender Ladenhüter angekurbelt wird: Für einen Arbeitsplatzsicherungsschirm wird das als richtiger Ansatz wahrgenommen.

Zustimmung der Länder noch nötig

Gabriel muss sich darüber aber noch mit den Ländern beraten, die mögliche Steuerausfälle zu tragen hätten. Die Forderung der Autoindustrie hingegen, mit staatlichen Milliarden die Erforschung klimafreundlicher Antriebstechnologien zu fördern, wird im Moment kaum fruchten.

Die Ideen passen zu dem von Steinbrück angekündigten "Rettungsschirm für Arbeitplätze". Das Ziel des Finanzministers ist, nur da Geld springen zu lassen, wo die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass damit in der Krise Arbeitsplätze gehalten oder sogar geschaffen werden können. Darin ist er sich auch mit der Bundeskanzlerin einig.

Das Gießkannenprinzip wäre dem schwarzen Koalitionspartner auch kaum zu vermitteln. Unions-Haushaltsexperte Steffen Kampeter glaubt ohnehin nicht an eine heilende Wirkung von Konjunkturprogrammen angesichts der akuten Finanzmarktkrise.

Er vermutet, die Hauptfunktion der Debatte sei es, "eine Handlungsillusion zu erzeugen und nicht Wirkung". Das gilt auch für die Idee, den Unternehmen bessere Abschreibungsmöglichkeiten zu geben. Kampeters Prophezeiung: "Realwirtschaftliche Programme zur Lösung der Probleme werden hier verpuffen."

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