Hedgefonds:Die Spieler im Schatten der Banken haben zu viel Macht

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Ein Händler an der New York Stock Exchange. (Foto: AP)

Wenn es an den Finanzmärkten hoch hergeht, können Hedgefonds gefährlich werden. Sie brauchen strengere Regeln.

Kommentar von Andrea Rexer

Ein schlechteres Image als sie hat in der ganzen Finanzbranche niemand: Hedgefonds sind als Akteure verschrien, die tun und lassen können, was sie wollen, die skrupellos nach Geld gieren und keinen Gedanken darauf verschwenden, welche Auswirkung ihr Handeln auf andere hat. Die legendäre Wette von George Soros auf das britische Pfund, die eine ganze Währung ins Taumeln brachte, ist dafür nur das bekannteste Beispiel. Durch die heftigen Kursbewegungen in den vergangenen Wochen sind die Hedgefonds wieder in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. An den Finanzmärkten gelten sie als treibende Kraft hinter dem Verfall der Aktienkurse von Banken.

Doch anstatt Hedgefonds strengen Regeln zu unterwerfen, sind es ausgerechnet die Regulatoren selbst, die den Spielern im Schatten der Banken zu mehr Macht verholfen haben. Klare Regeln würden dafür sorgen, die gröbsten Auswüchse an den Finanzmärkten einzudämmen, ohne den Hedgefonds die Existenzberechtigung abzusprechen. Die Branche selbst kann mit der Kritik an ihren Verhaltensweisen nichts anfangen. Schon in ihrem Namen liegt die Verteidigungsstrategie: "to hedge" bedeutet "absichern". Die Fonds nehmen Akteuren Risiken ab, die diese nicht mehr tragen möchten.

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Die Fonds werden immer größer und vernetzter

Das ist im Prinzip eine wichtige Aufgabe. Doch was ist Absicherung, was Spekulation? Wann sind Kursbewegungen auf reale Absicherungsstrategien zurückzuführen, wann wird böswillig Panik geschürt, um den Kurs in die erwünschte Richtung zu treiben? Eine sinnvolle Regulierung muss auf diese schwierigen Fragen Antworten finden. Auch das Argument, Hedgefonds würden als Frühwarnsystem gebraucht, ist mit Vorsicht zu genießen.

Durch die Spekulation würden sie dazu beitragen, die Schwächen bestimmter Unternehmen oder gar ganzer Länder rechtzeitig aufzudecken und somit ein frühes Gegensteuern erst möglich machen, sagen die Verteidiger der Hedgefonds. Die Spekulanten, so heißt es, würden ja lediglich die schlechte Nachricht überbringen, seien aber nicht der Auslöser der Misere. Auch dieses Argument hat einen wahren Kern. Die Frage ist jedoch, ob die Schwäche nicht auch auf anderem - weniger schmerzhaftem Wege - ans Licht kommen würde, etwa durch einen Management- oder Regierungswechsel. Teil der Lösung sind Hedgefonds nämlich in der Regel nicht: Die fallenden Aktienkurse oder Anleihenkurse setzen ein Unternehmen oder ein Land zeitlich enorm unter Druck, eine schnelle Lösung zu finden, die nicht immer die beste sein muss.

Das dritte Argument, das die Finanzindustrie gern anführt, um Hedgefonds zu verteidigen, ist, dass sie ein Auffangbecken für Risiken sind, die Banken nicht mehr tragen wollen. Dadurch würden sie zur Stabilität des Gesamtsystems beitragen. Und in der Tat ist das verwaltete Vermögen der Hedgefonds seit Ausbruch der Krise um ein Drittel gestiegen ist - auch weil sie Portfolios von Banken aufgekauft haben. Dem Finanzsystem würde die Verschiebung jedoch nur dann etwas nützen, wenn sich Hedgefonds im Ernstfall leichter abwickeln ließen als Banken. Doch das darf bezweifelt werden, da die Fonds immer größer und vernetzter werden.

Die wichtiste Frage ist nicht beantwortet

Die Frankfurter Goethe Universität hat in einer Studie festgestellt, dass die Hedgefonds gefährlicher sind als angenommen. Und zwar besonders dann, wenn schon Stress an den Märkten herrscht. Die Gründe dafür sind, dass die Fonds intransparent sind und stark durch Kredite finanziert werden. Das bedeutet, dass im Ernstfall womöglich nicht sofort klar wäre, welche anderen Akteure vom Scheitern eines Hedgefonds betroffen wären - die Unsicherheit übertrüge sich ins ganze System. So positiv es ist, dass Banken seit der Finanzkrise härter reguliert werden, so ist es doch ein zentrales Versäumnis, dass dabei nicht der gesamte Finanzmarkt adressiert wurde.

Der Kernfehler besteht darin, dass die Regulatoren nur versucht haben, Fehler zu korrigieren, aber nicht mit der wichtigsten Frage ins Rennen gegangen sind, die da lautet: Wie sollen Finanzmärkte aussehen, damit sie unserer Wirtschaft und unseren Bürgern dienen? Anstatt ein umfassendes Regelwerk zu erstellen, wurden Probleme nur von einem in den anderen Bereich verlagert. Dringend notwendig wäre ein Regelwerk, das Hedgefonds und anderen Spielern im Schatten der Banken Grenzen setzt. Denn nur dann wäre es möglich, die positiven Aspekte von Hedgefonds zu erhalten, gleichzeitig aber die negativen Auswüchse einzudämmen und zugleich das Risiko der nächsten Finanzkrise eindämmen. Für die Hedgefonds selbst hätten harte Regeln übrigens auch einen guten Nebeneffekt: ihr Ruf würde sich automatisch verbessern.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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