Deutsche Bahn:Bahnfahren muss endlich Spaß machen

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Ein ICE-Schnellzug der Deutschen Bahn. (Foto: dpa)

Es gibt kein Verkehrsmittel, das umweltfreundlicher und zuverlässiger ist. Doch die Bahn muss endlich moderner werden - und kundenfreundlicher.

Kommentar von Caspar Busse

Die Fahrkarten, bitte!" Diese oft ebenso barsche wie unfreundliche Aufforderung eines Eisenbahnschaffners wird man in Deutschlands Zügen irgendwann wohl nicht mehr hören. Denn in einigen Jahren werde man elektronisch im Zug einchecken, sein Ticket oder sein Smartphone an ein Lesegerät halten, und los geht es, berichtete jetzt Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Aus den manchmal noch immer recht ruppigen Zugbegleitern sollen dann freundliche Dienstleister werden, die nichts anderes tun, als sich um die werten Bahn-Passagiere zu kümmern.

Willkommen in der Zukunft. Die Deutsche Bahn entdeckt also den Kunden, will ihm das Reisen so angenehm und leicht wie möglich machen. Der Staatskonzern mit derzeit immer noch mehr als 300 000 Mitarbeitern, davon fast 200 000 in Deutschland, tut damit das, was viele Konkurrenten, seien es Fluggesellschaften oder Fernbusunternehmen, schon lange tun. "Wir arbeiten dran", heißt es bei der Bahn. Ziemlich spät zwar, es geht auch nur langsam voran, aber immerhin. Dabei sollte es doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen.

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Die Bahn könnte mit einer neuen Ära beginnen

Eine strikte Kundenorientierung ist für die in Problemen steckende Deutsche Bahn der einzige Weg zum Erfolg. Gelingt das schnell, könnte damit gar eine neue Ära beginnen - wie vor genau 25 Jahren. Am 2. Juni 1991 startete der fahrplanmäßige Verkehr des ICE in Deutschland und damit das Zeitalter der Hochgeschwindigkeitsverbindungen mit mehr als 250 Kilometern in der Stunde. Auch für die Passagiere ergab sich in den modernen ICE-Zügen ein neues Reisegefühl. Erst damit wurde die Bahn zu einem wirklich ernst zu nehmenden Konkurrenten auf längeren innerdeutschen Strecken. Geschäftsleute nutzen heute selbstverständlich die Bahn, Flugverbindungen von Berlin nach Hamburg oder von Frankfurt nach Köln gibt es nicht mehr. Trotz langer Diskussionen, Pleiten und Pannen ist der ICE zu einem Erfolgsmodell und zum wichtigsten Umsatzbringer für die Bahn geworden.

Und heute? Wie sehen die Visionen für die nächsten 25 Jahre aus? Die Deutsche Bahn ist unter erheblichem Druck. Kunden beklagen einen schleichenden Verfall und wandern inzwischen sogar ab. Plötzlich gibt es andere Anbieter, es gibt mit den Fernbussen günstigere und teilweise angenehmere Alternativen, die die Deutsche Bahn bereits schmerzhaft zu spüren bekommt. Diese Konkurrenz, so umstritten sie möglicherweise aus verkehrspolitischen Gründen auch sein mag (weil noch mehr Verkehr auf der Straße gar nicht wünschenswert ist), sie bewegt die Bahn nun zum Umdenken, erzeugt endlich den nötigen Druck für Veränderungen.

Der Schaffner wird überflüssig, die Bahn allerdings nicht

Natürlich ist der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, nicht zu beneiden. An der Bahn hat andauernd jemand etwas zu mäkeln. Die Preise sind immer zu hoch, das Personal zu unfreundlich, der Service zu schlecht, die Züge zu voll. Es gibt viele Verspätungen, mal ist es zu heiß, sodass die Klimaanlagen nicht funktionieren, mal zu kalt, sodass Weichen einfrieren, fast immer ist das Wetter schuld. Dazu kam im vergangenen Jahr ein langer Streik der Lokführer, der die Geduld der Passagiere sehr strapaziert hatte. Das alles lässt sich in den Zahlen der Bahn ablesen. Leider ist aber auch viel zu lange viel zu wenig geschehen, eine Menge Zeit wurde verloren. Es wurde immer nur an einer kurzfristigen Optimierung gearbeitet. Zuerst war ein Börsengang geplant, der glücklicherweise doch nicht kam, eine börsennotierte Bahn wäre nämlich ein Irrweg. Dann ging es um eine möglichst hohe Ausschüttung an den Anteilseigner, also den Bund.

Dabei ist es entscheidend, die Deutsche Bahn langfristig erfolgreich zu machen. Bahnfahren muss attraktiv werden und Spaß machen. Denn es gibt eigentlich kein Verkehrsmittel, das umweltfreundlicher, zuverlässiger und sicherer ist. Viele Staaten beneiden Deutschland um seine ja durchaus funktionierende Bahn-Infrastruktur. Dafür muss sich der ehemalige Staatsbetrieb allein auf sein Kerngeschäft, den Transport von Passagieren, konzentrieren. Die Experten der Monopolkommission hatten schon im vergangenen Jahr gefordert, dass sich der Konzern von anderen Aktivitäten trennen soll, etwa von den international tätigen Tochterfirmen Arriva und Schenker, deren Börsengänge nun im Gespräch sind. Das ist der richtige Weg.

Die Deutsche Bahn braucht künftig alle Kraft für die Modernisierung, den Abbau von Hierarchien und die Digitalisierung. Denn künftig wird zwar der Schaffner überflüssig werden, aber keinesfalls die gesamte Deutsche Bahn.

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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