Kinobranche:Das Geschäft mit den Träumen

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Ausgerechnet in der Wirtschaftskrise feiert die Kinobranche ein erstaunliches Comeback. Vor allem deutsche Produktionen machen Kasse.

Caspar Busse

Etwa 300 Millionen Dollar hat das Science-Fiction-Abenteuer "Avatar" gekostet. Eine Menge Geld, der 3D-Kinofilm von James Cameron ist damit die teuerste Kinoproduktion aller Zeiten. Doch die Investition hat sich gelohnt: Bisher wurden weltweit mehr als 1,3 Milliarden Dollar an den Kinokassen eingespielt. Nicht ausgeschlossen, dass "Avatar" bald "Titanic" überholt und zum erfolgreichsten Film aller Zeiten wird.

Das Kino feiert ein erstaunliches Comeback. Besonders deutsche Produktionen überzeugten das Publikum. (Foto: Foto: Constantin, Warner bros., dpa)

Mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise feiert das Kino in vielen Ländern ein erstaunliches Comeback. "Das Jahr 2009 ist ein äußerst erfolgreiches Jahr für die Kinobranche gewesen. 2009 war eindeutig ein guter Jahrgang, sowohl für die Branche als auch für uns", sagte Bernhard Burgener, Vorstandsvorsitzender der Constantin Film, der Süddeutschen Zeitung.

Das Münchner Unternehmen, einst von Bernd Eichinger gegründet, ist die größte deutsche Filmfirma, produziert für die Leinwand wie fürs Fernsehen. In Deutschland erhöhte sich die Zahl der Kinobesucher im abgelaufenen Jahr um 16 Prozent auf beinahe 144 Millionen. Der Umsatz stieg nach ersten Zahlen sogar um ein Viertel auf 960 Millionen Euro. Fast 450 Filme sind in Deutschland neu gestartet. In den USA machte die Kinobranche 2009 ebenfalls mit zehn Milliarden Dollar deutlich mehr Umsatz. Das Weihnachtswochenende brachte nach dem Start von Avatar noch einmal Besucherrekorde.

Ablenkung von der Krise

"Es zeigt sich eindeutig: In der Krise gehen die Menschen ins Kino und suchen Ablenkung zu einem erschwinglichen Preis", glaubt Burgener.

Besonders erfolgreich sind 2009 hierzulande deutsche Produktionen gewesen, bei denen Constantin Film mit einem Anteil zwischen 25 und 30 Prozent Marktführer ist. Der Familienfilm "Wickie und die starken Männer" lockte fast fünf Millionen Zuschauer, Constantin plant nun bereits die Fortsetzung. Auch "Zweiohrküken" von Til Schweiger, "Die Päpstin", "Der Vorleser" oder "Inglorious Basterds", produziert in Babelsberg bei Berlin, lockten jeweils mehr als zwei Millionen Kinogänger.

Dazu kamen internationale Erfolge wie "Ice Age 3", "Harry Potter", "Illuminati" oder "2012". Der Trend ist in der Tat überraschend, denn lange kriselte das Kino. 2005 etwa war ein ausnehmend schlechtes Jahr - erfolglose Filme, zu viele Kinos, immer mehr Konkurrenz durch andere Unterhaltungsangebote wie Computerspiele, gerade bei jüngeren Menschen. "Es ist tatsächlich die Frage, ob das deutsche Kino seine alte Stärke zurückgewinnt", malte Anfang 2006 der damalige Constantin-Chef Fred Kogel schwarz.

Doch die Zukunftsängste der Branche sind erst mal weg. "Das Kino ist schon so oft totgesagt worden. Und es hat immer überlebt", meint Burgener. Er gibt sich überzeugt, dass das Kino noch lange attraktiv sein wird. Es werde einfach immer neue Stoffe und Geschichten geben. Dazu kommt, dass die Kinobetreiber in den vergangenen Jahren in die Lichtspielhäuser investiert haben, große Kinopaläste sind entstanden. "Heute ist Kino einfach wieder in", freut sich Constantin-Film-Vorstand Martin Moszkowicz.

Billigste Kinokarten in Deutschland

Noch sind in Deutschland aber die Kinoeintrittskarten so billig wie in kaum einem anderen Land. Der durchschnittliche Preis liegt zwischen sechs und sieben Euro. Doch das könnte sich ändern. Weltweit hofft die Branche besonders nach dem Erfolg von "Avatar" auf einen neuen Trend - Spielfilme in 3D.

"Die neuen 3D-Filme werden der Kinobranche einen weiteren Schub geben, davon sind wir überzeugt. Dadurch werden auch die Preise der Kinokarten steigen", sagt Moszkowicz. Disney etwa brachte schon den Animationsfilm "Oben" in 3D, Constantin will 2010 "Konferenz der Tiere" von Erich Kästner oder im kommenden Jahr den neuen "Wickie"-Film in dieser Technik präsentieren. Das ist auch gut im Kampf gegen die Piraterie, heißt es in der Branche. Denn das 3D-Erlebnis im Kino lässt sich nicht einfach kostenlos aus dem Internet herunterladen.

Außerdem hat sich die Filmbranche, die nach wie vor von den großen amerikanischen Studios und Verleihern beherrscht wird, in den vergangenen Jahren professionalisiert und setzt auf Filme "mit Eventpotential"; eine ganze Reihe von Projekten sind in Vorbereitung.

Bei "Wickie" etwa gab es zuvor eine Castingshow auf Pro Sieben, dann wurde der Film massiv beworben. Entscheidend ist der Weiterverkauf der Rechte: Nach der Präsentation im Kino kommen DVDs oder inzwischen Blu-Ray-Scheiben auf den Markt. Am Ende werden die Rechte ins Bezahl- und ins frei empfangbare Fernsehen verkauft. Aber gerade bei den DVDs lahmt das Geschäft: Die Preise verfallen, während die Stückzahlen weiter zulegen.

© SZ vom 16./17.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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