Karstadt-Eigner Berggruen:Geheimprojekt Zeus

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Zwischen "Mars" und "Venus": Was plant Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen beim Kaufhof? Ein internes Papier spielt eine Fusion beider Unternehmen durch - mit massivem Jobabbau und weniger Kaufhäusern.

Hans-Jürgen Jakobs

Das Papier hat den in solchen Fällen üblichen Zusatz: "strictly private and confidential", absolut privat und vertraulich. Es stammt von der Berggruen Holdings, der Dachgesellschaft des Investors Nicolas Berggruen, dem Eigentümer der Kaufhauskette Karstadt. In diesem Papier hat er sein eigenes Unternehmen als "Mars" bezeichnet - und für den deutschen Rivalen Kaufhof die weiblich-schöne Planeten-Bezeichnung "Venus" gefunden. Das Geheimdokument beschreibt die Effekte einer Fusion, wie die Süddeutsche Zeitung aus Karstadt-Kreisen erfuhr. Es wird klar, was passieren könnte, wenn Berggruen den Zuschlag für Kaufhof bekäme. Dessen Eigentümer Metro will die Warenhäuser abstoßen.

Das Geheimdokument Zeus beschreibt die Effekte einer Fusion. (Foto: APN)

Projekt "Zeus" wird die Sache genannt. Bei Gott Zeus, die Folgen wären offenbar gewaltig, wenn Berggruen wie geplant 200 Millionen Euro des operativen Cash für die Akquisition aufwenden würde.

So soll beispielsweise die Zahl der Standorte von derzeit 227 auf etwa 180 reduziert werden. Das führe zu einem "klaren Zukunfts-Laden-Portfolio", heißt es in der Diktion der Planer. Mindestens 20 defizitäre Häuser sollten geschlossen werden und mindestens 20 Läden verkleinert werden, "hauptsächlich Kaufhof", wie ausgeführt wird. Die Planung geht sehr ins Detail. So steht nach Projekt "Zeus" das Ende des Kaufhof-Hauptquartiers in Köln an. Vor allem für die Arbeitnehmer hätte die Fusion, so wie hier dargelegt, empfindliche Auswirkungen. "Zeus" biete die Gelegenheit, bis zu 6000 Mitarbeiter freizusetzen, ist in dem Geheimpapier zu lesen. 1200 Stellen sollen demnach im Hauptquartier wegfallen und 1000 Jobs in der Logistik.

"Neue Deutsche Warenhaus AG"

Natürlich will man nicht mit dem ganzen Portfolio weitermachen. Es soll ja alles anders werden, so wie in der griechischen Mythologie, wo sich Gott Zeus als Stier den Damen nähert. Die "Premium Group", also die Top-Warenhäuser, soll genauso verkauft werden wie "Karstadt Sport" - alles soll an "strategische Partner" gehen, so die Szenarien. Hier sind offenbar Harrod's und Selfridges als mögliche Käufer eingeplant. Für Karstadt-Sport gibt es noch keine Namen.

Schon lange wird in der Branche über die Deutsche Warenhaus AG geredet. Diese Idee hatten sowohl die Verantwortlichen von Kaufhof als auch die von Karstadt. Nun aber liegt eine Ideenskizze vor. Das Fazit lautet: "Die neue Deutsche Warenhaus AG schafft zusätzlichen Gewinn durch Betonen von Synergien wie zum Beispiel die Reduzierung der zentralen Kosten, der Werbung, der Logistik und der Einkaufsmacht."

Insgesamt würden Restrukturierungskosten von 200 Millionen bis 300 Millionen Euro am Ende zu positiven Effekten beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) führen, und zwar in Höhe von jährlich 150 Millionen bis 250 Millionen Euro, Die wertvollen Premium-Läden und Karstadt Sport sollen getrennt werden von dem Geschäft mit den bedrohten Warenhäusern. Das Projekt schildert die drei Bereiche: Premium mit den Häusern Oberpollinger in München, KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg; Lifestyle beinhaltet die anderen Warenhäuser, Sports das Segment Karstadt Sport. Für die neue, bereinigte, runderneuerte Deutsche Warenhaus AG ist dann ein Börsengang für das Jahr 2016 geplant. Hier wird ein Wert von vier bis sechs Mal des Ebit, also des Gewinns vor Zinsen und Steuern, erwartet.

Ja, es gebe ein Projekt "Zeus", bestätigt ein Berggruen-Sprecher. Es existiere aber noch kein Strategiekonzept für die Fusion von Karstadt mit Kaufhof und damit kein verbindliches Planungspapier. Dafür müsse man erst die genauen Daten kennen. Für "Zeus" hätten einige Unternehmensberater Gedanken eingebracht.

Die Aussagen in dem vertraulichen Dokument kontrastieren stark mit Äußerungen, die Kaufhof-Interessent Nicolas Berggruen in der Frankfurter Allgemeinen machte. Da warnte er subtil vor einem Kauf des Kaufhofs durch die österreichische Immobiliengruppe Signa. Nach einem Verkauf ende ja nicht die moralische Verpflichtung des Verkäufers, warnte er und präsentierte sich als verantwortungsvoller Investor.

Auf die Frage, ob mit einer Fusion nicht immer Filialschließungen und Arbeitsplatzverluste verbunden seien, antwortete Berggruen, der internationale Investor: "Mit diesem Pauschalargument wird unnötig Angst verbreitet. Es gibt heute vielfältige Ansätze Standorte händlerisch differenziert zu bearbeiten, mit unterschiedlichen Konzepten für unterschiedliche Lokalitäten." In einer deutschen Innenstadt könnten doch auch sehr ähnliche Modefilialisten wie C&A H&M und Zara bestens nebeneinander existieren.

Es sei, so Berggruen, absolut möglich, auch die Marken Karstadt und Kaufhof entsprechend standortspezifisch zu positionieren. Und dann, wörtlich: "Ich kaufe doch kein Geschäft mit 3,5 Milliarden Euro Umsatz, um nach einem Jahr nur noch die Hälfte an Umsatz zu machen. Der Umsatz muss nachhaltig steigen." Deutschland könne nur wieder eine starke Warenhauskultur zurückgewinnen, wenn Kaufhof und Karstadt zusammen anstatt gegeneinander arbeiten würden. Seine Botschaft: Besser ein Starker als zwei Schwache.

Da wusste man noch nichts von Mars, Venus und Zeus, von all den Göttern und Göttinnen im Firmament Berggruens. Und nichts von den Jobs und Filialen, die in der Planung rund um Kaufhof wohl eine große Rolle spielen.

© SZ vom 19.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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