Kaffee-Aufregung:#BurkaKaffee erregt die Schweizer

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Einige erkennen in der Kaffee-Verpackung eine verschleierte Frau - und empören sich darüber. (Foto: Quelle: Denner)

Ist es zulässig, Kaffee im Burka-Look zu verkaufen? Einige sagen: Nein, geht gar nicht. Andere finden, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Oder vielleicht doch?

Von Charlotte Theile

Schwarz ist die Farbe von Kaffee, da hatten die Marketingstrategen schon mal recht. Was auch schwarz ist: der Niqab, das Gewand, das bis auf einen Sehschlitz den ganzen Körper verdeckt und von strenggläubigen muslimischen Frauen getragen wird. Beim Kaffee "Noir", seit einigen Tagen das billigste Angebot für Aluminium-Kapseln in der Schweiz, kam dann für einige Kunden beides zusammen: Aus der Packung schauen zwei dunkle, weibliche Augen heraus - darüber und darunter ist alles tiefschwarz. Das sieht, wenn man freundlich sein möchte, geheimnisvoll und exotisch aus. Doch es gibt einige, die das anders beurteilen: "Das ist so tragisch, dass es fast schon wieder amüsant ist", schreibt ein User auf Twitter und schiebt gleich das passende Hashtag hinterher: #BurkaKaffee. Andere werden noch deutlicher: "Passt genau in der heutigen politischen Lage mit IS etc." schreibt eine Frau namens Yasmyn S. Ein "Leserreporter" empört sich: Ob das ein schlechter Scherz sei?

Es wird diskutiert und zwar heftig.

Ist es zulässig, in der Schweiz Kaffee im Burka-Look zu verkaufen? Der Discounter Denner, der die Kapseln seit der vergangenen Woche im Angebot hat, ist von der Aufregung überrascht worden. Es sei absolut nicht beabsichtigt, mit der Verpackung an den Ganzkörperschleier zu erinnern, sagt eine Sprecherin des Konzerns. Im Unternehmen selbst sei das niemandem aufgefallen - die Menschen seien wohl im Moment "hochsensibel", wenn es um strenggläubige Muslime gehe. Ohnehin, heißt es bei Denner, sei das Ganze nur eine "gesuchte Geschichte". Im Klartext: Die Medien wollen, dass sich die Kunden über etwas aufregen, was sie ansonsten wohl nie bemerkt hätten.

Ein bisschen was ist da wohl dran: Bei der aufgeregten Umfrage, die das Portal 20 Minuten in Sachen Burka-Kaffee startete, fanden nur 15 Prozent der Leser, die Verpackung gehe "gar nicht". 62 Prozent der 9000 Umfrage-Teilnehmer antworteten: "Ich sehe da einfach Frauenaugen und verstehe die Aufregung nicht."

Der Rest fühlte sich zwar an eine Burka erinnert, fand das aber nicht sonderlich schlimm.

Nicht die erste Kaffee-Aufregung

Beim Discounter Denner sollte man inzwischen wissen, dass Kaffee-Kapseln für Aufregung sorgen können. Als der Supermarkt im Jahr 2010 ein neues Produkt herausbrachte, das man in die beliebten Maschinen von Nespresso einlegen konnte, erwirkte Nestlé einen sofortigen Verkaufsstopp. Die um 25 Prozent günstigere Variante verletze Markenrechte. Im August 2011 wurde das Verkaufsverbot aufgehoben. Die Noir-Kapseln sind nun noch einmal günstiger: 18 Rappen, etwa 15 Cent, kostet die Kapsel. Sie unterbieten damit selbst Aldi und Lidl um knapp zwei Cent. Die Kapseln von Nespresso kosten fast dreimal so viel. Und: Direkt unter der vermeintlichen Burka steht der Hinweis "Kompatibel mit Nespresso Maschinen."

Denner bezieht die Kapseln von einem niederländischen Lieferanten namens Pelican Rouge. Auch dort ist man von der Reaktion der Schweizer Kunden erstaunt - das Design des Kaffees Noir gebe es seit 15 Jahren, er wird in mehr als 20 Länder geliefert - bislang ohne Probleme. Natürlich wolle man mit den "wunderschönen, dunklen Frauenaugen" an die Herkunft des Kaffees erinnern. Arabisch eben.

Dass man die Augen einer Frau zeige, sei eine bewusste Entscheidung: So erhalte man einen persönlichen, menschlichen Eindruck, was bei den meisten Kunden sehr gut ankomme. Dass die Schweizer über den "Burka-Kaffee" schimpfen, kann Jankees Rovers, Sprecher von Pelican Rouge, überhaupt nicht verstehen. Er sehe kaum eine Ähnlichkeit. "Man muss sich fragen: Haben sie je eine echte Burka gesehen?"

© SZ vom 20.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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