Joe Kaeser:Siemens-Chef in Jubelstimmung

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Joe Kaeser, seit August 2013 Vorstandsvorsitzender von Siemens, erläutert in Berlin die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr. (Foto: Gregor Fischer/dpa)
  • Zuletzt verdiente Siemens unter dem Strich 7,4 Milliarden Euro, im Vorjahr waren es 5,5 Milliarden Euro gewesen,
  • Drei Milliarden Euro stammen davon aus dem Verkauf der Hörgeräte-Sparte und der Anteile am Hausgerätehersteller BSH.

Von Christoph Giesen, Berlin

Der Stress, der Druck der vergangenen Wochen, all das scheint abgefallen zu sein von Joe Kaeser. Es ist ein gelöster Siemens-Chef, der sich am Donnerstag in Berlin der Presse stellt. Diese Zahl, auf die Analysten, Aktionäre und natürlich auch die versammelten Journalisten gewartet haben, ist zu seinen Gunsten ausgefallen, wenn auch nur hauchdünn. Die industrielle Gewinnmarge, die Siemens im vergangenen Jahr erwirtschaftet hat, liegt bei 10,1 Prozent, 0,1 Prozentpunkte mehr als Kaeser vor einem Jahr in Aussicht gestellt hatte. Er hat also sein Versprechen gehalten.

Nach den ersten drei Quartalen hatte der Konzern lediglich bei einer Marge von 9,6 Prozent gelegen. Für das Schlussquartal mussten deutlich über elf Prozent her. Viele Analysten prognostizierten in den vergangenen Woche eine Niederlage für Kaeser, für den Mann, der angetreten war alles besser zu machen als sein Vorgänger Peter Löscher. Dieser war im Sommer 2013 just an einem selbstgesteckten Margenziel gescheitert.

Es sei ein "fulminanter Schlussspurt" gewesen, berichtet Kaeser. "Wir haben geliefert, was wir versprochen hatten, und sind für das vor uns liegende Jahr gut gerüstet, um unsere Pläne erfolgreich umzusetzen", verkündet er selbstbewusst. Damit meint er natürlich auch sein zweite Versprechen, das er den Aktionären vor einem Jahr gegeben hatte. Um 15 Prozent sollte der Gewinn pro Aktie steigen. Es sind nun 39 Prozent geworden.

Zuletzt verdiente Siemens unter dem Strich 7,4 Milliarden Euro, im Vorjahr waren es 5,5 Milliarden Euro gewesen, allerdings stammen alleine drei Milliarden Euro davon aus dem Verkauf der Hörgeräte-Sparte und der Anteile am Hausgerätehersteller BSH an den langjährigen Partner Bosch.

Der ein oder andere hochrangige Manager bei Siemens hatte in den vergangenen Wochen sogar darüber nachgedacht, für das kommende Geschäftsjahr 2016 komplett auf ein Margenziel zu verzichten und nur noch den Gewinn pro Aktie als Grundlage für die Prognose zu nehmen. Im Siemens-Vorstand sei das allerdings nie ein Thema gewesen, sagt Kaeser entschieden. So bleibt es auch im Geschäftsjahr 2016 bei einem Margenziel und einer Prognose für den Gewinn je Aktie.

Für das Geschäftsjahr 2016 hat Kaeser dem Konzern einen eher konservativen Ausblick verordnet. Sein angepeiltes Margenziel bleibt - es liegt zwischen zehn und elf Prozent. Den Gewinn pro Aktie will er um 14 Prozent steigern. Allerdings auf einer Basis von 5,18 Euro pro Aktie, da er die Sondereffekte durch den Verkauf der Hörgerätespate und des Hausgerätegeschäfts herausrechnet. Irgendwo zwischen 5,90 Euro und 6,20 Euro pro Anteilsschein möchte er im kommenden Jahr landen. Das Problem: Nimmt man den bereinigten Gewinn zur Basis, hätte Siemens eigentlich die eigene Vorgabe aus dem vergangenen Jahr gerissen, als man den Aktionären eine Steigerung um 15 Prozent versprach. Vor einem Jahr, als Siemens noch in den alten, von Löscher geschaffenen Strukturen arbeitete, lag der Gewinn pro Aktie bereits bei 6,37 Euro, also über dem nun ausgegebenen Ziel.

Dennoch muss selbst für 5,90 Euro je Aktie eine Steigerung her. Doch in welchen Feldern ist dies wahrscheinlich? Stark war im vergangenen Jahr das Windkraftgeschäft. Mehrere Milliarden-Deals konnte der Konzern an Land ziehen. Erfolgreich entwickelte sich auch die Division Digitale Fabrik, in der Kaeser 2014 das margenstarke Industrieautomationsgeschäft eingliederte. Die Gasturbinensparte, viele Jahre der größte Gewinnbringer des Konzerns, schwächelte zwar ein wenig, da die Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten und Asien Siemens in einen Preiskampf verstrickt haben. Siemens reagierte mit einem Arbeitsplatzabbau und sieht sich nun wieder auf Kurs. Hilfreich für Kaesers Prognose ist zudem, dass die Kosten für den Konzernumbau, dem mehr als 13 000 Jobs zum Opfer fielen mit 800 Millionen Euro in diesem Jahr verbucht worden sind. Steigen soll neben dem Gewinn auch der Umsatz von derzeit 75,6 Milliarden Euro. Es könnte um bis zu fünf Prozent aufwärts gehen, stellt Kaeser in Aussicht. Das weltwirtschaftliche Umfeld dafür sei allerdings nicht einfach, gibt er zu bedenken. Vor allem die Wachstumsschwäche in China - traditionell ein wichtiger Markt für den Konzern - bereite ihm Sorgen. "Das Land steht vor beachtlichen strukturellen Veränderungen und vor sozialen Herausforderungen. Das wird sich auf die Geschäfte mit China auswirken, auch auf den Import in das Land hinein." Allerdings müsse man bedenken, dass China noch immer deutlich stärker wachse als etwa Europa. "Die Chancen in China sind weiterhin gewaltig", glaubt Kaeser.

An der Börse legten Siemens-Aktien am Donnerstag um gut drei Prozent zu. Einer der Gründe neben der knapp erfüllten Prognose dürfte sicherlich die üppige Dividende sein, die Kaeser vorgeschlagen hat. So soll sich die Ausschüttung von derzeit 3,30 Euro pro Aktie um 20 Cent auf 3,50 Euro erhöhen. Es ist bereits die zweite Anhebung in Folge, nachdem die Dividende drei Jahre lang stabil bei drei Euro gelegen hatte. Ebenfalls positiv aufgenommen haben die Aktionäre die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms in Höhe von drei Milliarden Euro. So etwas treibt immer den Kurs.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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