Jobcenter:Ein Anfang

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Die geplante Reform von Andrea Nahles reicht nicht aus, heißt es in der BA.

Von Thomas Öchsner, Uwe Ritzer, Berlin/Nürnberg

An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles verabschieden, mit dem die Jobcenter entbürokratisiert werden sollen. Erklärtes Ziel: Die Mitarbeiter sollen mehr Zeit bekommen, um Langzeitarbeitslose in Arbeit zu vermitteln. In der Bundesagentur für Arbeit (BA) zweifelt man jedoch daran, dass die Nahles-Vorschläge ausreichen.

Die Einkommenssituation von Hartz-IV-Empfängern soll nur alle zwölf Monate geprüft werden

"Das ist ein guter Beginn", sagt Detlef Scheele, im BA-Vorstand für Grundsicherung zuständig. "Es kann aber nur den Anfang sein." Mit anderen Worten: Die geplante Reform greift zu kurz. Der größte Fortschritt wird sein, dass die Jobcenter-Mitarbeiter die Einkommenssituation von Hartz-IV-Empfängern künftig nur noch einmal im Jahr prüfen und entsprechend nur alle zwölf (statt wie bislang alle sechs) Monate einen Bescheid erlassen.

Das sei vernünftig, sagen BA-Experten. Sie sagen aber auch: Es zu wenig. Vor allem denn, wenn im Laufe des Jahres zusätzlich zur bestehenden Klientel noch Hunderttausende Flüchtlinge auf die Jobcenter zukommen werden. Was es wirklich bräuchte? "Mehr Pauschalisierung" bei den ausgezahlten Leistungen, sagt Scheele. Und statt umständlicher Einzelprüfung geringer Ausgaben vernünftige Bagatellgrenzen.

Die Hoffnung, dass die Jobcenter dank der Nahles-Vorschläge effektiver arbeiten werden, hält sich in der BA in engen Grenzen. Was ein Reformpaket sein soll ist in Wirklichkeit der kleinste gemeinsame Nenner von Bund und Ländern, von Union und SPD. Dabei wäre die Zeit für durchgreifende Reformen ideal. Denn der Arbeitsmarkt ist so robust wie schon lange nicht mehr. Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach ist nicht zufrieden: "Der Gesetzentwurf wird seinem Namen nicht gerecht und reicht für eine echte Vereinfachung von Hartz IV bei weitem nicht aus.", sagt sie.

Auf die Jobcenter kommt mehr Arbeit zu. Sie müssen sich auch um die Integration von Flüchtlingen kümmern. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

2,92 Millionen Erwerbslose wurden im Januar registriert, 239 000 mehr als im Dezember 2015. Bereinigt um jahreszeitliche Effekte ergibt sich jedoch ein Minus von 20 000 und verglichen mit dem Januar 2015 liegt die offizielle Arbeitslosenzahl um 111 000 niedriger. "Die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt hat sich zum Jahresbeginn fortgesetzt", kommentierte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Er erwartet auch im Februar weniger als drei Millionen Arbeitslose, was im Winter "außergewöhnlich gut" sei.

Zugleich steigt die Arbeitskräftenachfrage; 581 000 offene Stellen (96 000 mehr als vor einem Jahr) haben die Unternehmen den Arbeitsagenturen gemeldet. Einer Hochrechnung der BA zufolge waren im November vorigen Jahres 43,3 Millionen Menschen erwerbstätig und davon knapp 31,4 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 757 000.

© SZ vom 03.02.2016 / tö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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