Insolvenz von Quelle:Rauswurf, dann Ausverkauf

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Last-Minute-Kündigung: Ein schlichter Anruf bedeutete für rund 1900 Quelle-Mitarbeiter das sofortige Aus. Gewerkschafter werfen dem Insolvenzverwalter schlechten Umgang vor.

Bis zuletzt wurden sie im Unklaren gehalten: Mehr als 2000 Quelle-Mitarbeiter erfuhren erst am Freitag, dass sie am kommenden Montag nicht mehr für das Traditionsunternehmen aus Fürth arbeiten werden. Enttäuscht und frustriert räumten sie ihren Arbeitsplatz.

Die Quelle-Pakete stapeln sich noch im Lager. DHL hat den Versand mittlerweile wieder aufgenommen. (Foto: Foto: ddp)

Die Nachrichtenagentur AP berichtete, dass etwa 1900 Quelle-Mitarbeiter per Telefon über ihre sofortige Entlassung informiert worden seien. "Ein solches Vorgehen ist einmalig", sagte die Leiterin der Nürnberger Arbeitsagentur, Elsa Koller-Knedlik. Insgesamt hätten sich in dieser Woche 3550 Quelle-Mitarbeiter arbeitslos gemeldet, davon 2500 bei der vorübergehend eingerichteten Außenstelle der Bundesagentur im Versandhaus.

Nach dem Aus für das Traditionsunternehmen hatte der Insolvenzverwalter keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für sie gesehen. Die übrigen 4300 Beschäftigten sollen dagegen nach dem Willen von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg von der kommenden Woche an im Internet den Ausverkauf des Versandhauses organisieren.

Kritik am Insolvenzverwalter

Notwendig war die Quelle-Abwicklung geworden, nachdem sich für das insolvente Unternehmen kein Investor gefunden hatte. Für Unmut sorgte der Umstand, dass viele Beschäftigte buchstäblich bis zur letzten Minute über ihre weitere berufliche Zukunft in Ungewissheit gelassen wurden.

Solche Last-Minute-Kündigungen zeugten vom schlechten Umgang des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg mit den Beschäftigten, kritisierte Quelle-Betriebsratsmitglied Rainer Rohlederer.

"Das zeigt deutlich: Der Insolvenzverwalter hatte keinen Plan B für den Fall, dass die Investorensuche scheitert." Betroffen von den jüngsten Kündigungen waren nach Rohlederers Angaben unter anderem die Werbe- und Foto-Abteilung. "Wenn man keinen Quelle-Katalog hat, braucht man auch keine Werbeleute mehr", sagte der Arbeitnehmervertreter. Aber auch der Außendienst sei nahezu komplett aufgelöst, den dortigen Mitarbeiter kurzfristig gekündigt worden.

Weiter beschäftigt bliebe das Personal in den Quelle-Technikcentern. Auch über sie soll der Verkauf der Quelle-Waren organisiert werden. Über den Fortgang der Quelle-Abwicklung wollte der Insolvenzverwalter im Laufe des Freitags den Betriebsrat informieren.

Der Versand läuft wieder

Unterdessen nimmt die Deutsche Post den ausgesetzten Versand von Quelle-Produkten wieder auf. "Nachdem sichergestellt ist, dass wir für die Dienstleistung bezahlt werden, fahren wir den Service ab heute wieder hoch und erbringen wie gewohnt unsere Leistung", sagte Postchef Frank Appel. Der Versand sei vorübergehend eingestellt worden, um Schaden vom Unternehmen Post abzuwenden. Nun hat sich die Post offenbar mit dem Quelle-Insolvenzverwalter über eine ausstehende Zahlungsanweisung geeinigt.

Derweil warten viele gekündigte Quelle-Mitarbeiter noch immer darauf, dass Ihnen Quelle eine Arbeits- und Lohnbescheinigung ausstellt, berichteten Beschäftigte. Ohne diese beiden Nachweise könnten sie kein Arbeitslosengeld beantragen.

Der Nürnberger DGB-Vorsitzende Stephan Doll zeigte sich empört: "Wenn Insolvenzverwalter Görg nun auch noch dafür verantwortlich ist, dass die Leute im November kein Geld bekommen, dann ist das hanebüchen", kritisierte er. Er forderte den Insolvenzverwalter auf, umgehend die Quelle-Personalabteilung aufzustocken, damit die Quelle-Beschäftigten endlich ihre Unterlagen erhielten.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/tjon - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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