Hypo Real Estate:"Grün im Gesicht"

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Im Prozess um die Skandal-Bank tritt ein Belastungszeuge auf. Er könnte den früheren Chef Georg Funke schwer belasten. Tut er es am Ende auch?

Von Stephan Radomsky, München

Das tägliche Klein-Klein kümmert Top-Manager nicht, dafür haben sie Leute. Daten werden in den Fachabteilungen ausgewertet und aufbereitet, Berichte geschrieben, Präsentationen vorbereitet. Die Chefs sehen nur das Ergebnis, wissen aber nicht, wie es zustande kam. Anders lief es auch nicht in der Hypo Real Estate (HRE), jener Bank, die in der Finanzkrise im Herbst 2008 erst beinahe kollabierte, dann mit Steuermilliarden gestützt und schließlich ganz verstaatlicht wurde.

Umso interessanter kann es sein, wenn einer aus dem Innenleben auspackt - und damit seine Vorgesetzten womöglich belastet. Der Mittwoch hätte deshalb ein unangenehmer Tag werden können für den ehemaligen HRE-Chef Georg Funke und seinen Ex-Finanzvorstand Markus Fell. Denn genau solch ein Mitarbeiter sagte im Strafprozess gegen die beiden aus: Stéphane Wolter, ein ehemaliger Sachbearbeiter im Risikomanagement der HRE-Holding. Bereits 2009 hatte er öffentlich schwere Vorwürfe gegen die Bank erhoben, vor allem was die milliardenschwere Übernahme des in Dublin ansässigen Staatsfinanzierers Depfa im Oktober 2007 angeht: "Mit dem Kauf der Depfa war das Umfallen der HRE programmiert", sagte Wolter damals in einem Interview. Der Staatsanwaltschaft hatte der heute 44-Jährige ebenfalls 2009 zudem erzählt, er sei "grün im Gesicht" geworden, als er den Liquiditätsbedarf der Depfa gesehen habe.

Vor Gericht aber ist der Zeuge deutlich weniger kritisch. "Die Daten wurden richtig dargestellt", sagt er gleich mehrfach - allerdings seien sie aus Sicht des Risikomanagers im Kontext irreführend präsentiert worden. Ob das auch illegal war, muss das Gericht entscheiden. Funke und Fell müssen sich hier ja dafür verantworten, die Lage der HRE in den Bilanzen geschönt zu haben. Beide bestreiten das. Der ursprüngliche Hauptvorwurf, die HRE-Manager hätten mit der hastigen Übernahme der Depfa Vermögen veruntreut, ist nie Teil der Anklage geworden.

Ob Wolters Aussage zu einem Schuldspruch beiträgt, ist allerdings zweifelhaft. An viele Details erinnert er sich nach fast zehn Jahren nicht mehr. Auch basieren viele seiner Einschätzungen auf Fakten, die erst nach dem Beinahe-Kollaps ans Licht kamen. Zu seiner HRE-Zeit war Wolters Einblick dagegen begrenzt. So seien die Daten der Depfa nicht vergleichbar mit denen der HRE gewesen, auch habe er keinen Zugriff auf die Systeme dort gehabt. Die Risiken seien deshalb eben "schwierig zu beurteilen" gewesen.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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