Hotels:Wen die Gäste lieben

Lesezeit: 4 min

Gala mit Schaumbrot von der Gartenerbse: Die Reiseveranstalter feiern sich selbst und zeichnen Hoteliers aus, die Urlauber besonders gut bewertet haben. Da gibt es manchmal Überraschungen.

Von Michael Kuntz, Berlin

Fragebögen gibt es in fast jedem Hotelzimmer, aber meistens bleiben sie unbeachtet. Gäste in Ferienhotels allerdings nutzen nach einem für gewöhnlich längeren Aufenthalt häufiger die Möglichkeit, dem Gastgeber durch einen ausgefüllten Fragebogen mitzuteilen, wie gut ihnen die Unterkunft gefiel. Für den Hotelier hat das zwei Vorteile: Erstens kann er aus den Antworten lernen und auf berechtigte Kritik sofort eingehen. Fällt das Lob kräftig aus, bekommt er zweitens die Chance, vom Reiseveranstalter als ein besonders gutes Hotel identifiziert und dafür ausgezeichnet zu werden - in einem festlichen Rahmen.

So lud die Tui jetzt ihre hundert besten Hoteliers zu einer Gala am Vorabend der Reisemesse ITB in Berlin ein. Im restaurierten Festsaal der einstigen Molkerei Bolle im Multikulti-Stadtteil Moabit saßen festlich gekleidete Hoteliers aus aller Herren Ferienländer zusammen. Gesprochen wurde viel Spanisch, Italienisch, Griechisch und Türkisch, das waren die Lieblingsziele der Deutschen im vergangenen Jahr.

Für viele Hotels dort war es kein Problem, mindestens 30 Bewertungen aus der Tui-Gästebefragung in zwölf Monaten zu bekommen. Das ist eine von drei Voraussetzungen, um am Wettbewerb teilnehmen zu können, den es seit 1994 gibt - also länger als Bewertungsportale im Internet.

Wer einen "Tui Holly Award" will, muss mit seinem Hotel auch einen Sicherheits-Check bestehen und sich zu besonders strengen Standards beim Betrieb von Swimmingpools verpflichten. Dies ebnete den hundert Hoteliers mit den besten Bewertungen den Weg zur Verleihung des Holly, dem Oscar der Ferienhotellerie.

Der Abend begann mit einer Überraschung. Den Holly in der Kategorie Autoreisen erhielt ein Haus, das selbst im Saal voller Fachleute kaum einer kannte: die Pension Keßler vom Bodensee, genauer gesagt aus Uhldingen-Mühlhofen, unweit von Meersburg. In der Drei-Sterne-Unterkunft gibt es keine zwanzig Zimmer und die Kosten pro Nacht liegen deutlich unter hundert Euro. Die Pension Keßler war klar der Kontrapunkt zum Standard der Ferienhotellerie, den vergleichsweise riesigen Bettenburgen an den Meeresstränden.

Schneidet ein Hotel schlecht ab, hat das auch harte Folgen

Weniger überraschend war, dass zwei der beliebtesten Hotels auf den gerade 2016 stark gebuchten spanischen Inseln liegen, die Villa Chiquita auf Mallorca und das Seaside Grand Hotel Residencia auf Gran Canaria. Vergleichsweise weit weg ist die Insel Kuredu, ein Ferien-Eiland auf den Malediven - aber auch dort gab es eine Auszeichnung. Ganz im Sinne der Veranstalter der Holly-Wahlen dürfte es gewesen sein, dass zwei Preise an sogenannte Konzepthotels in der Türkei gingen, den Club Tui Magic Life Sarigerme und das Tui Blue Garden. Hier führt der Reisekonzern selbst die Regie und bestimmt, wie es in einem Club für Familien aussieht. Oder in einem modernen Hotel: mit der Küche des Gastlandes, Anwendungen für Smartphones, viel Sport und einem für die Region typischen Design. Am Rande der Veranstaltung war dann auch zu hören, dass die Beteiligung von Gästen in türkischen Hotels im vorigen Jahr besonders hoch war, wohl als eine Art Sympathiebezeugung für ein touristisches Land in Schwierigkeiten.

Schaumbrot von der Gartenerbse mit Rilette vom Lachs, Amalfi Zitrone und Anisfenchel Karamell - unter der Gloche serviert, einer Porzellanglocke mit kleinem Schornstein, kommt die Vorspeise erst am Tisch zum Vorschein. Rauchsignale. Wer die Betreiber der hundert besten Ferienhotels beköstigt, muss sich offenbar einiges einfallen lassen, damit es diesen Gästen mindestens so gut ergeht wie in ihren eigenen Häusern.

Der Abend ist die mit Abstand größte Veranstaltung der Tui zur Reisemesse, nachdem der Konzern seinen traditionellen ITB-Empfang aus Kostengründen schon vor ein paar Jahren abgeschafft hatte. Aber auch die anderen großen Reiseveranstalter bitten ihre Gäste um Bewertungen der Hotels. Thomas Cook und Neckermann Reisen zum Beispiel zeichnen ebenfalls in mehreren Kategorien die beliebtesten Hotels aus, in Anlehnung an das Cook-Logo mit dem Sunny Heart Award. Anders als bei der Tui dürfen dabei auch die Reisebüros die Unterkünfte bewerten. Schneidet ein Hotel schlecht ab, hat das Konsequenzen: "So haben wir zum Beispiel verstärkt Häuser aus dem Angebot genommen, die nicht unseren Qualitätskriterien entsprechen", sagt eine Sprecherin.

Bei der DER Touristik gibt es den ITS Red Star Award für die 100 beliebtesten Hotels. Der Preis wird 2017 zum achten Mal vergeben. Die ausgezeichneten Häuser sind in den Katalogen mit dem Logo des Awards gekennzeichnet. Die Zufriedenheit der Gäste entscheidet über die 100 besten Hotels. Dabei zählen Weiterempfehlungen und Bewertungen auf entsprechenden Portalen. Noch wieder anders läuft die Bewertung bei sonnenklar.TV, dem Verkaufssender der Münchner FTI Group. Sie vergibt seit elf Jahren jährlich die "Goldene Sonne". Eine Rolle spielen dabei die Anzahl der verreisten Personen, die Bewertung beim Internetportal Holidaycheck und die Häufigkeit von Reklamationen. Sonnenklar-Kunden können diese Wahl beeinflussen über eine Bewertung bei Holidaycheck.

Der Markt wächst - und entsprechend nimmt auch der Wettbewerb zu

Reiseveranstalter und ihre Hoteliers betätigen sich auf einem wachsenden Markt, der seit 2010 deutlich stärker zulegt als der für Geschäftsreisen. Gleich mehrere internationale Konzerne bieten Ferienhotels im großen Stil an. Der weltweit größte Reiseveranstalter Tui ist gemessen an der Zimmerzahl die Nummer eins, dahinter folgen als Anbieter von Urlaubshotels die Konzerne Marriott und Starwood sowie die spanische Kette Melia. Das Geschäft mit dem Urlaub läuft immer besser, seit auch in den Schwellenländern es sich mehr Menschen leisten können, in die Ferien fahren.

Einen Sonderpreis für sein Lebenswerk erhielt bei der Tui in der Meierei Bolle der Gründer der spanischen Hotelkette Hipotels, Juan Llull. Er betreibt aktuell 29 Häuser auf Mallorca, in Andalusien und auf Lanzarote. Fünf davon erhielten den Tui Holly. Der heute 81-Jährige hatte 1970 sein erstes Hotel unweit seines Geburtsortes Son Servera in Cala Millor gebaut. Warum er Hotelier wurde? "Meine Freunde hatten Hotels und sie arbeiteten nur sieben Monate im Jahr. Ich wollte auch ein Hotel bauen und dann selbst darin leben."

© SZ vom 08.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: